Jugendschutz: MSN sperrt Mitgliederverzeichnis

Die neuen Jugendschutz- und Jugendmedienschutzbestimmungen zeigen Wirkung. MSN sperrt neben Erwachsenen-Diskussionsgruppen auch das Mitgliederverzeichnis und bestimmte Suchanfragen. Spielehersteller verzeichnen Umsatzeinbußen.

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  • Monika Ermert

Die neuen Jugendschutz- und Jugendmedienschutzbestimmungen zeigen Wirkung. "Sie haben einen Suchbegriff eingegeben, der möglicherweise Inhalte für Erwachsene zurückgibt. Momentan werden diese Inhalte auf der MSN-Suche nicht angezeigt", vermeldet die Suchmaschine von MSN Deutschland zum Stichwort "Erotik". Man wolle beim Jugendschutz aktuell lieber einen Schritt zu weit gehen als mit den neuen Gesetzen in Konflikt zu geraten, sagt man bei MSN Deutschland.

Der Konzern hatte als Reaktion auf das Inkrafttreten des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags nicht nur alle "Erwachsenen"-Gruppen geschlossen, sondern mittlerweile auch das deutsche "Mitgliederverzeichnis" komplett gesperrt. Auch hier erwartet den Nutzer im Moment der Hinweis: "Dieser Service wird auf Grund des seit 1. April 2003 geltenden neuen Jugendschutzgesetzes überarbeitet und ist leider vorübergehend nicht erreichbar." In einem Bericht des WDR-Magazins "Markt" Anfang der Woche nannte Friedemann Schindler von jugendschutz.net einige der dort geposteten Bilder "schwer jugendgefährdend". Eine befragte Mutter nannte die gezeigten Nacktbilder "zu eklig".

MSN-Sprecher Bernhard Grander widersprach gegenüber heise online der Darstellung, die verschiedenen Maßnahmen seien eine Reaktion auf den WDR-Bericht. Man habe vielmehr im Vorfeld der neuen Regelungen das gesamte Portal überprüft und entschieden, dass "einige Mitglieder sich hier in einer Art und Weise präsentieren, die nicht ganz jugendfrei ist". Da im Mitgliederbereich solche Angebote nicht speziell ausgewiesen seien, habe man sich entschieden, das Angebot bis auf weiteres komplett zu sperren. Noch sei unklar, ob beziehungsweise in welcher Form man das Angebot wieder aufnehmen könne. "Wenn wir genaue Vorgaben von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) haben und zum Beispiel wissen, ob die Abfrage von Reisepassnummern als Altersverifikation ausreicht, werden wir entscheiden", erklärte Grander. Derzeit wolle man wegen der bestehenden Unklarheit abwarten. Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zur Zulässigkeit der Altersverifikation hatte das KJM-Organ jugendschutz.net in einer Stellungnahme bereits heftig kritisiert. Wie die KJM sich zu der Frage stellt, ist im Moment völlig unklar.

Unsicher ist man bei MSN außerdem, ob weitere Services Anstoß bei den Sittenwächter erregen könnten. "Bei unseren Contentpartnern Tomorrow/Focus AG dürfte eigentlich nichts sein", sagt Brander mit der gebotenen Vorsicht. Für die rund 50.000 MSN-Communities könne man allerdings kaum die Hand ins Feuer legen. Gleichzeitig können MSN-Mitglieder ins Mitgliederverzeichnis von msn.ch oder msn.at abwandern.

Während Microsoft diesen Effekt leicht verschmerzen kann, fürchten andere vom Jugendmedienschutz betroffene Unternehmen die Ausweichstrategien der Nutzer wie die Pest. Der Zwang zur Altersverifikation der Kunden auch bei unverdächtigen Spielen habe seit dem 1.4. zu einer Halbierung des Verkaufs geführt, sagte ein Hersteller von Computerspielen gegenüber heise online. "Seit dem 1.4 schreiben wir bei jeder Bestellung dem Kunden, dass wir erst ein Post-Identverfahren machen müssen. Die Hälfte sagt dann: Nein danke, dann besorg ich es mir woanders", so der Unternehmer, der anonym bleiben möchte. Was mit woanders gemeint sei, könne man sich leicht ausrechnen: Das neue Gesetz sorge schlicht für die Verbreitung von Raubkopien, da nicht einmal bei unverdächtigen, älteren Spielen wie Tetris der Postversand erlaubt ist, solange keine Alters-Freigabe der USK vorliegt.

Zum neuen Jugendschutzgesetz und dem entsprechenden Jugendmedienschutz-Staatsvertrag siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)