Big-Brother-Award an Bayer übergeben

Unzufriedene Investoren ist man bei Aktionärsversammlungen gewohnt, nun bekam es die Bayer AG auch noch mit unzufriedenen Datenschützern zu tun.

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Von
  • Torsten Kleinz

Unzufriedene Investoren ist man bei Aktionärsversammlungen gewohnt, nun bekam es die Bayer AG auch noch mit unzufriedenen Datenschützern zu tun. Auf der ordentlichen Hauptversammlung des Pharma- und Chemie-Konzerns in Köln überreichte der Foebud den Big-Brother-Award.

Die Auszeichnung erhalten in jedem Jahr an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen. Bereits im vergangenen Oktober war Bayer der Negativ-Preis im Bereich Arbeitswelt zuerkannt worden, weil sich Bewerber für einen Ausbildungsplatz einem Urintest unterziehen müssen. Der Konzern hatte aber nicht reagiert, weshalb sich der Foebud mit Unterstützung der Coordination gegen Bayer-Gefahren zu einem Besuch der Aktionärsversammlung entschloss.

Die Jury des Big-Brother-Awards sieht in den Drogen-Screenings eine entwürdigende Praxis , die alle potenziellen Arbeitsnehmer unter Generalverdacht stelle: "Urintests haben vor allem den Effekt, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzuschüchtern und ihnen die Macht des Unternehmens zu demonstrieren." Zur Betriebssicherheit trügen die Tests wenig bei, da sie sehr fehleranfällig seien und gefährliche Substanzen nur sehr kurzfristig im Urin nachzuweisen seien. "Mißtrauen ist eine schlechte Unternehmenskultur" sagte Foebud-Aktivistin Rena Tangens, als sie den Preis übergab. Den nahm allerdings nur ein Mitarbeiter des Werkschutzes entgegen.

Der Vorstandsvorsitzende der Bayer AG Werner Wenning wies die Vorwürfe zurück: "Diese Kritik können wir überhaupt nicht nachvollziehen." Der Urintest sei aufgrund der Betriebssicherheit notwendig, die gute Reaktionsfähigkeiten seitens der Beschäftigten verlange. Der ärztlichen Schweigepflicht werde Genüge getan, da keine Details an das Unternehmen weitergegeben werden.

Mißtrauisch zeigt sich das Unternehmen nicht nur gegenüber zukünftigen Lehrlingen. Auch die Aktionäre mussten sich beim Eintritt zur Hauptversammlung einer ausführlichen Eingangskontrolle unterziehen: Aufnahmegeräte, Kameras und sogar kritische Flugblätter mussten draußen bleiben. (Torsten Kleinz) / (jk)