Wissenschaftler gegen europäische Software-Patente

Zahlreiche Vertreter aus Lehre und Forschung halten die geplante Einführung eines Patentschutzes für Software in Europa für unsinnig.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Eine Gruppe namhafter europäischer Wissenschaftler hat sich in einer Petition an das Europäische Parlament klar gegen die befürchtete Einführung eines Patentschutzes für Software ausgesprochen. Allgemeine Software-Algorithmen sowie grundlegende Datenverarbeitungs- und -darstellungsmethoden sollen nach dem Willen der Wissenschaftler von Patentansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen und ein gleichlautender Passus im Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union verankert werden.

Noch in diesem Monat will der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt (Committee on Legal Affairs and the Internal Market, JURI) im Europäischen Parlament über eine umstrittene Software-Patentrichtlinie entscheiden, die vorsieht, dass "computerimplementierte Erfindungen" wie Datenverarbeitungsprogramme künftig patentierbar sind, sofern sie einen "technischen Beitrag leisten". Die Patentierbarkeitsregeln im Rahmen des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) sehen derzeit vor, dass Programme für die Datenverarbeitung keine patentfähigen Erfindungen sind -- was das Europäische Patentamt (EPA) in München allerdings nicht davon abgehalten hat, dennoch mittlerweile mehr als 30.000 Patente auf Algorithmen und Computerprogramme zu erteilen.

Während Patent-Befürworter wie der deutsche IT-Verband Bitkom ein einheitliches europäisches Patentierungsverfahren für softwarebezogene Erfindungen begrüßen, befürchten die protestierenden Wissenschaftler, dass vor allem große Software-Konzerne von einem gelockerten Patentrecht in Europa profitieren und sich zu mächtigen Patent-Oligopolen aufschwingen könnten. Ähnliche Bedenken hatten zuvor schon Vertreter der Open-Source-Gemeinde wie der Münchner Förderverein für eine freie informationelle Infrastruktur (FFII), EuroLinux oder die Free Software Foundation Europe geäußert.

Ließen sich Software-Patentansprüche in Zukunft auch in Europa sehr viel leichter durchsetzen, argumentiert etwa der FFII, würde eine Patentinflation US-amerikanischen Ausmaßes auf uns zurollen, die Wettbewerb und Innovation gefährde. Firmen, die viele Patente halten, könnten wichtige Entwicklungen im Software-Bereich aus wirtschaftlichen Gründen behindern. Freie Programme, die dann auf patentierte Algorithmen angewiesen seien und deshalb Lizenzgebühren erforderten, würden nicht mehr kostenlos oder gar nicht mehr vertrieben. (pmz)