Bluewater-Reinfall: dpa verordnet sich schärfere Regeln

Die Deutsche Presseagentur berichtet exklusiv über einen angeblichen Terroranschlag in den USA. Da kann doch was nicht stimmen, sollte man meinen. Stimmt, sagt die Redaktionsleitung und zieht Lehren aus dem geschickt eingefädelten Medien-Fiasko.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Deutsche Presseagentur (dpa) will aus den Fehlern, die bei der Berichterstattung über einen angeblichen Terroranschlag in einem kalifornischen Provinznest gemacht wurden, lernen. Im dpa-Intranet räumte der stellvertretende Chefredakteur Wolfgang Büchner jetzt unter anderem ein, dass bei der Berichterstattung schon ein einfacher journalistischer Grundsatz missachtet wurde. "Eine Story, die zu gut ist, um wahr zu sein, ist vermutlich genau dies: nicht wahr", schreibt Büchner und stellt klar, dass es absolut unplausibel sei, "dass die dpa als einziges Medium exklusiv von einem Terroranschlag in den USA erfährt und dort nur ein lokaler TV-Sender darüber berichtet".

Am vergangenen Donnerstagmorgen (10. September) hatte dpa unter Berufung auf einen lokalen Fernsehsender mit dem Namen vpk-tv gemeldet, dass es in der Kleinstadt Bluewater einen Selbstmordanschlag gegeben haben soll. In einem Restaurant, so die Meldung, habe es laut vpk-tv zwei Explosionen gegeben, die Polizei sei im Einsatz und habe das Restaurant evakuiert. Ob dabei Menschen verletzt wurden, sei unklar. Das Restaurant wirke auf ersten Bildern nicht zerstört. Die Täter seien von dem Sender als arabisch-stämmig beschrieben worden. Doch was als große Exklusivstory begann, endete in einem Fiasko.

Denn die Presseagentur war auf ein geschickt eingefädeltes Täuschungsmanöver hereingefallen, das der deutsche Schauspieler und Regisseur Jan Hendrik Stahlberg inszeniert hatte. Um Werbung für seinen neuen Film "Short Cut to Hollywood" zu machen, ließ Stahlberg mehrere gefakte Websites aufsetzen, die aufeinander verwiesen und präsentierte zudem Telefonnummern, über die man angeblich Polizei und Feuerwehr erreichen konnte. Die angeblichen Bilder des lokalen Fernsehsenders stammten aus dem Film "Short Cut to Hollywood", in dem sogenannte Baghdad Street Boys in ein kleines Restaurant stürmen und mit einer Bombenzündung drohen.

Zwar hatten dpa-Mitarbeiter den Angaben zufolge die Telefonnummern von Polizei und Feuerwehr gewählt – doch am anderen Ende saßen Eingeweihte des Täuschungsmanövers, die vorgaukelten, es habe tatsächlich einen Vorfall gegeben, bei dem drei Deutsche festgenommen worden seien. dpa brachte die Geschichte – und musste wenige Stunden später erkennen, dass man sich eine der dicksten Enten der Unternehmensgeschichte eingebrockt hatte. Büchner hat deshalb intern jetzt "schärfere Regeln für den Umgang mit exklusiven Informationen" formuliert, die unter anderem von Bildblog.de veröffentlicht wurden.

So sollen "bei exklusiven Informationen, die das Potenzial haben, zur Nachricht des Tages zu werden, künftig sofort vom CvD/Ressortleiter mindestens zwei Mitarbeiter zur Verifizierung von Informationen und Recherche freigestellt werden". Auch soll künftig der ortsansässige dpa-Korrespondent immer hinzugezogen werden – "unabhängig von der Uhrzeit". Um den Journalisten die Überprüfung von Domains zu erleichtern, soll ein Tool entwickelt werden, "mit dem jeder Mitarbeiter einen ersten Plausibilitätscheck vornehmen kann". Büchner fordert auch die Einhaltung allgemeingültiger Recherchegrundsätze wie eine Mehrfachüberprüfung von Informationen bei zweifelhafter Quellenlage. (pmz)