Krankenhausreform: Lauterbachs Flickschusterei

Bild: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Das Gesundheitswesen hat sich in allen Ebenen zu einer Baustelle in Dauerschleife entwickelt. Der Gesundheitsminister will Krankenhäuser vor Insolvenz bewahren. Die Reformpläne zeigen viele Lücken und wenig Konzept.

Die Privatisierung von Krankenhäusern in Deutschland wird in der öffentlichen Meinung vielfach als Problem der Kostensteigerung im Gesundheitswesen gesehen. Der Anteil der Kliniken mit privaten Trägern hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Sie stieg von 21 Prozent im Jahr 1999 auf 38 Prozent 2019.

Die öffentlichen Krankenhäuser machen inzwischen mit 28 Prozent zwar den zahlenmäßig geringsten Anteil aus, verfügen jedoch nicht zuletzt wegen der großen Unikliniken über fast die Hälfte aller Betten. Mit Ausnahme der Unikliniken Marburg und Gießen, welche die hessische Landesregierung 2006 an den privaten Krankenhausbetreiber Rhön verkaufte, sind alle anderen deutschen Unikliniken öffentliche Einrichtungen geblieben.

Während bei den öffentlichen und frei gemeinnützigen Trägern in der Hand von Orden oder Stiftungen der erwirtschaftete Gewinn innerhalb des Gesundheitssystems verbleibt, verdienen bei privaten Einrichtungen die Anteilseigner bis zu 15 Prozent Rendite, die aus dem System abgeleitet werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte dieser Tage fest: ″So wie jetzt kann es nicht weitergehen. Wir haben es mit der Ökonomisierung der Medizin übertrieben. Das müssen wir zurückdrehen″ und ergänzt:

Fest steht: Ohne Reform würden viele Krankenhäuser ungesteuert Insolvenz anmelden müssen. Mit der Reform bekommen Krankenhäuser wieder eine Perspektive.

Die Krankenhäuser sollen künftig in die drei Kategorien Grundversorgung, Schwerpunktversorgung sowie Maximalversorgung etwa an Universitätskliniken gegliedert werden. Zudem wurde vorgeschlagen, sich bei der Abrechnung vom reinen Fallpauschalen-Prinzip lösen und eine stärkere Spezialisierung der Krankenhäuser voranzutreiben.

Der absehbaren Entwicklung, dass kleinere Krankenhäuser auf dem Land die künftigen Erwartungen nicht mehr erfüllen können, will Lauterbach mit dem Aufbau eines neuen Leitsystems für Notrufe und die Einrichtung sogenannter integrierter Notfallzentren an mehr als 400 Krankenhäusern entgegenwirken.

Mehrere Bundesländer sehen jetzt ihre Rolle bei den Krankenhäusern gefährdet und drohen mit Klagen. Dabei kommen alle Bundesländer ihren Pflichten bei der Finanzierung der Krankenhäuser schon lange nicht mehr nach und tragen daher einen ordentlichen Anteil Verantwortung für die Lage der klinischen Versorgung.

Wer finanziert die Krankenhäuser in Deutschland?

Die Krankenhausfinanzierung erfolgt nach dem Prinzip der sogenannten dualen Finanzierung. Dabei werden die Betriebskosten der Krankenhäuser und somit alle Kosten, die für die Behandlung von Patienten entstehen, von den Krankenkassen finanziert.

Die Vergütung erfolgt dabei über das sogenannte DRG-System (Diagnosis Related Group) der sogenannten Fallpauschalen. Kern Fallpauschalen-Systems ist der Fallpauschalen-Katalog.

Er enthält eine Liste von über 1.200 abrechenbaren Fallpauschalen, die das Honorar unabhängig vom jeweils benötigten Aufwand festlegen. Der Basispreis für die DRG-Leistungen ist länderspezifisch und wird seit 2005 durch die sogenannten Landesbasisfallwerte festgelegt. Diese werden jährlich von den Krankenhausgesellschaften und den Krankenkassen auf Landesebene neu ausgehandelt.

Die Kosten des Pflegepersonals in der unmittelbaren Patientenversorgung werden seit 2020 nicht mehr über die Fallpauschalen vergütet. Die Krankenhäuser erhalten seither ein kostendeckendes Pflegebudget.

Fallpauschalen und Pflegekosten sind nicht budgetiert, also in der Höhe oder der Menge begrenzt. Die Kassen bezahlen die Summe, die in den Krankenhäusern entsteht. Für diese bedeutet das, wer mehr Leistungen erbringt, nimmt mehr Geld ein.

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass die Krankenkassen jährlich immer mehr für die stationäre Versorgung bezahlen. Waren es bei den gesetzlichen Krankenversicherungen im Jahr 2008 noch 52 Milliarden Euro, stieg der Betrag auf 81 Milliarden Euro im Jahr 2020.

Diese Entwicklung rührt nicht daher, dass die Entwicklung der Gesundheit der Einwohner Deutschlands zusammenbricht, sondern maßgeblich daran, dass die zweite Säule der Krankenhausfinanzierung nicht mehr funktioniert. Die Investitionskosten der Krankenhäuser sollten durch die Bundesländer finanziert werden.

Daher entscheiden die jeweiligen Länder, wo ein Krankenhaus gebaut, erweitert oder geschlossen wird und sollten diese Investitionen finanzieren. Sie kommen jedoch dieser Pflicht zur Finanzierung schon seit Jahren nicht mehr nach.

Daher fehlen den Krankenhäusern die Mittel für Baumaßnahmen oder die Anschaffung teurer Geräte, für die eigentlich die Bundesländer aufkommen müssten. Bayern gehört mit einer Förderquote von rund 60 Prozent zu den Spitzenreitern bei der Übernahme der Investitionskosten.

Gesetzlich festgelegt sind jedoch 100 Prozent. ″1993 zahlten die Länder noch 3,9 Milliarden Euro, 2019 nur noch etwa 3,2 Milliarden Euro - trotz Inflation und allgemeiner Kostensteigerungen. Die Investitionsquote der Länder sank von 25 Prozent im Jahr 1972 auf circa drei Prozent im Jahr 2019 meldete die Tagesschau schon 2021.

Diese Situation verführte die Krankenhäuser dazu, ihre Investitionen über die Fallpauschalen zu finanzieren und sich auf Leistungen zu konzentrieren, die streng durchrationalisiert gute Erlöse versprachen. Diese Entwicklung begünstigte die großen Krankenhäuser. Die kleineren Einheiten in ländlichen Gebieten haben nicht die Mittel für moderne Geräte zur Verfügung.