Mega-Streiktag am 27. März: Huch, ein spürbarer Arbeitskampf

Wer doppelte ÖPNV--Kapazitäten will, muss helfen, die Jobs attraktiver zu machen. Fridays for Future hat das begriffen. Foto: Leonhard Lenz / CC-Zero

Ver.di und EVG lassen am Montag die Räder stillstehen – und das Klimaschutz-Netzwerk Fridays for Future ist wieder dabei. Warum das konsequent ist, obwohl viele ein Taxi nehmen werden.

Am Montag sollen im Öffentlichen Nahverkehr in sieben Bundesländern die Räder stillstehen. Außerdem werden bundesweit die Deutsche Bahn und ihre Busgesellschaften sowie Flughäfen, die Autobahngesellschaft, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie einige kommunale Häfen bestreikt.

Die Gewerkschaften ver.di und EVG haben zum Mega-Streiktag aufgerufen – und das Klimagerechtigkeits-Netzwerk Fridays for Future geht in mindestens 20 Städten mit den Beschäftigten für ein Lohnplus von 10,5 Prozent, bessere Arbeitsbedingungen und eine Verkehrswende auf die Straße.

Eine solche Kooperation hatte schon am 3. März für breites Unverständnis in Politik und Medien gesorgt: Ver.di spanne "die Fridays for ihren Karren", schrieb die Hannoversche Allgemeine. "Gewerkschaften und Klimaschützer sind kein Match. Beide kämpfen für unterschiedliche Ziele", kommentierte Sabrina Fritz in den ARD-tagesthemen. Es passe ihrer Meinung nach nicht zusammen, "wenn Busse nicht fahren und das dann dem Klimaschutz helfen soll".

Bezeichnend ist, dass solche Argumente häufig auch von Menschen kommen, die selbstverständlich meinen, dass man mittelfristig aufrüsten und Verbündeten mehr Waffen liefern muss, um langfristig Frieden zu schaffen. Aber ein bis zwei Mega-Streiktage im Jahr, die kurzfristig zu mehr Taxifahrten führen, sollen dann doch ausschlaggebend für die Klimazerstörung sein.

Beschäftigte als Rückgrat der Verkehrswende

Die jungen Aktiven von Fridays for Future denken jedenfalls strategischer, als es ihnen mittelalte Medienschaffende zutrauen. Es geht ihnen um "massive Investitionen in den ÖPNV von Bund und Ländern, um die Verdoppelung der Kapazität bis 2030 zu ermöglichen". Dazu müssen auch die Jobs in diesem Bereich attraktiver und die Beschäftigten als Rückgrat der Verkehrswende mit Respekt behandelt werden.

Fridays for Future verarbeitet damit auch die anfangs oft geäußerte Kritik, für das Klima würden sich vor allem Bürgerkinder engagieren, die mit "Malochern" wenig zu tun hätten und deren Probleme nicht verstünden.

Sicher: Wer als lohnabhängiger Mensch ohne Auto nicht im Verkehrs- und Infrastrukturbereich oder im Homeoffice arbeitet, wird am Montag in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und in Bayern Unannehmlichkeiten haben und sich womöglich ein Taxi leisten müssen, denn er oder sie ist zumindest theoretisch verpflichtet, trotzdem pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Auch die Autofahrerinnen und Autofahrer werden möglicherweise länger im Stau stehen.

Aber wenn sich die Vorstellung durchsetzt, dass Streiks möglichst gar nicht bemerkt werden sollten und schon gar nicht Beschäftigte anderer Branchen nicht zum Nachdenken zwingen dürfen, wird das mittelfristig den allermeisten Lohnabhängigen schaden. Streiks müssen den kapitalistischen Alltag stören. Und wer zu spät zur Arbeit kommt, wird zumindest nicht der oder die Einzige sein. Vorgesetzte würden ganze Belegschaften gegen sich aufbringen, wenn sie die Bestrafungsmöglichkeiten in solchen Fällen ausschöpfen würden. Dazu sind die meisten dann doch zu klug.