Was Uranmunition in der Ukraine anrichten würde

Großbritannien will DU-Geschosse an Kiew liefern. Dabei hat diese Waffe schon viel Leid verursacht. Warum das zu wenig bekannt ist und welchen Anteil die WHO daran haben könnte.

Die britische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Annabel Goldie, hat unlängst erklärt, dass mit den von London angekündigten Challenger-2-Panzern auch Urangeschosse in die Ukraine geliefert werden sollen. Das hat besonders in Russland für Aufregung gesorgt, und das mit Recht.

Denn Urangeschosse und -bomben sind Waffen aus abgereichertem Uran 238– englisch: depleted uranium oder kurz auch DU. Abgereichertes Uran ist radioaktiv und hochgiftig. Es hat eine Halbwertszeit von rund 4,5 Milliarden Jahren.

Abgereichertes Uran ist ein Abfallprodukt der Atomindustrie und entsteht, wenn man Natururan für Brennstäbe zur Verwendung in Atomkraftwerken anreichert. Benötigt man Brennstäbe im Gewicht von einer Tonne, entstehen etwa sieben bis acht Tonnen abgereichertes Uran als Abfallprodukt. Und weil dieses Nebenprodukt radioaktiv und hochgiftig ist, muss es sicher gelagert und bewacht werden. Das kostet Geld, viel Geld.

Frieder Wagner ist deutscher Journalist und Filmemacher.

Es gibt davon inzwischen weltweit circa 1,3 Millionen Tonnen und dieser Berg wächst ständig.

Darum war die Atomindustrie froh, als sich Waffenhersteller für dieses Abfallprodukt interessierten. Denn sie hatten festgestellt: Formt man abgereichertes Uran zu einem Metallstab, durchdringt ein solches Geschoss die Metallplatten eines Panzers wie heißes Metall ein Stück Butter.

Beim Durchdringen einer Panzerplatte entsteht an dem Urangeschoss ein Abrieb, der sich bei der großen Reibungshitze von etwa 1.000 Grad explosionsartig entzündet. Die Besatzung des Panzers verglüht und der Panzer wird zerstört.

Aufgrund dieser beiden Eigenschaften – Stahl wie Butter zu durchdringen sowie sich selbst zu entzünden und so wie Sprengstoff zu wirken – ist das Abfallprodukt der Atomindustrie, das abgereicherte Uran, bei den Militärs so beliebt geworden.

Daher sind diese Geschossen in den Irak-Kriegen 1991 und 2003 tonnenweise eingesetzt worden. Aber auch im Kosovo-Krieg 1999, in Afghanistan, im Libanon, in Somalia, im Libyen-Krieg sowie Syrien 2015 im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat".

Als ich 2003 für eine WDR-Fernsehdokumentation den Irak, Serbien, Bosnien-Herzegowina und das Kosovo besuchte, gehörte zu unserer Ausrüstung selbstverständlich ein Geigerzähler, um uns vor den Gefahren dieser Munition zu schützen.

Von Frieder Wagner ist erschienen: Todesstaub – Made in USA: Uranmunition verseucht die Welt, Promedia-Verlag Wien, 24,90 Euro (ISBN: 978-3-85371-452-2). Dem Buch liegt eine DVD des Dokumentarfilms "Todesstaub" bei.

Frieder Wagner, geboren 1942, ist deutscher Journalist und Filmemacher. Für seine Fernseharbeiten wurde er mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. Seit 1982 stellt er in Personalunion als Autor, Kameramann und Regisseur eigene Fernsehdokumentationen für ARD und ZDF her. Seine für die WDR-Reihe „Die Story“ gedrehte Dokumentation „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ über die Folgen des Einsatzes der Uranmunition erhielt 2004 den Europäischen Fernsehpreis.

Dass die Gefahren tödlich sein können, verstanden wir beim Besuch der Krankenhäuser dieser Länder schlagartig. Schon damals sind dort schwer missgebildete Babys geboren worden: Säuglinge ohne Augen, ohne Beine oder Arme; Babys, die ihre inneren Organe außen in einem Hautsack trugen. All diese Kreaturen lebten, wohl unter entsetzlichen Schmerzen, nur wenige Stunden.

Die Ursache für diese Missbildungen und hochaggressiven Krebserkrankungen bei Erwachsenen waren nicht etwa die Tschernobyl-Katastrophe oder später die von Fukushima, sondern die Anwendung von Uranmunition und -bomben durch die USA und ihre Verbündeten in den vergangenen, zum größten Teil völkerrechtswidrigen Kriegen.

Das ist heute durch zahlreiche Wissenschaftler, auch aus den USA, nachgewiesen. Im Irak weigern sich deswegen inzwischen Frauen, Kinder zu bekommen. Wenn eine Frau doch gebiert, fragt sie nach der Geburt nicht mehr, ob es ein Junge oder ein Mädchen, sondern, ob das Kind gesund oder missgebildet ist.

Das Problem: Durch die hohen Temperaturen beim Aufprall der Urangeschosse verbrennt das abgereicherte Uran zu keramisierten, wasserunlöslichen Nanopartikeln, die hundertmal kleiner sind als ein rotes Blutkörperchen.

Es entsteht sozusagen ein "Metallgas" – und das ist weiterhin radioaktiv und hochgiftig.

US-amerikanischen Militärwissenschaftlern ist inzwischen die Tatsache bekannt, dass diese Partikel, eingeatmet oder mit der Nahrung aufgenommen, im menschlichen und tierischen Organismus überall hinwandern können: in alle Organe, ins Gehirn in Eizellen und Spermien.

Schon 1997 wurde bei fünf von 25 US-Veteranen, die im Golfkrieg 1991 unter friendly fire mit Uranmunition gerieten, abgereichertes Uran im Sperma festgestellt.

Überall, wo sich Uran 238 ablagert, kann es zu folgenden Krankheiten kommen: einem Zusammenbruch des Immunsystems wie bei Aids, mit ansteigenden Infektionskrankheiten, schweren Funktionsstörungen von Nieren und Leber, hochaggressiven Leukämien und anderen Krebserkrankungen, Störungen im Knochenmark sowie genetischen Defekten und Missbildungen mit Aborten und Frühgeburten bei Schwangeren, wie wir es nach den Bombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki sowie den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima erlebt haben.

All das ist seit Jahrzehnten wissenschaftlich belegt. Dennoch haben die alliierten Streitkräfte unter Führung der USA und Großbritanniens so getan, als würde es diese Gefahren nicht geben.