Kann ein Sonderparteitag die Spaltung der Linken verhindern?

Ein Bild aus vergleichsweise harmonischen Tagen: Sahra Wagenknecht 2018 mit Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch (l.) und dem damaligen Parteivorsitzenden Bernd Riexinger. Foto: Die Linke

Die jüngsten Töne der Linke-Politikerin könnten auch versöhnlich gedeutet werden. Kritiker, warfen ihr unlängst Spaltungsabsichten vor, wollen sie aber jetzt wohl samt Anhang loswerden.

Dürfen Linke Hummer essen? Diese Frage ploppte vor fast 16 Jahren kurz auf, als die damalige Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Sahra Wagenknecht, beim Hummer-Essen fotografiert wurde. Die Politikerin wollte diese Fotos aber nicht. Was manche als "Hummer-Affäre" bezeichneten, schadete Wagenknecht aber letztlich nicht, weil sie erklärte, Kommunisten seien ja nicht gegen Luxus.

Damals wurde die aufstrebende Politikerin vor allem vom linken Flügel der damaligen PDS verteidigt. Schließlich positionierte sich Wagenknecht damals als bekanntestes Mitglied der Kommunistischen Plattform in und bei der PDS am linken Flügel. Viele Realpolitikerinnen und Realpolitiker fürchteten, ein größerer Einfluss von Wagenknecht könnte Bündnisbestrebungen mit SPD und Grünen schaden. Sie wollten ihren Einfluss daher begrenzen.

Gregor Gysi hatte damals sogar erklärt, er wolle nicht mit Wagenknecht gemeinsam im Parteivorstand sitzen. Daran musste man gut eineinhalb Jahrzehnte später denken, als es diese Woche plötzlich wieder um die Vermögensverhältnisse der Politikerin Sahra Wagenknecht ging. Ausgelöst hat die neue Diskussion der Spiegel, der in seiner letzten Ausgabe vermeldete, dass die Bundestagsabgeordnete Wagenknecht exakt 792.961,43 Euro an Nebeneinkünften abgerechnet hatte.

Zum größten Teil sind es Einnahmen aus ihrer Buchveröffentlichung "Die Selbstgerechten", mit der sie mit dem woken Kapitalismus und dem Linksliberalismus abrechnete. Anders als 2007 dürfte sich Wagenknecht nun nicht mehr mit kommunistischem Luxus verteidigen. Doch ihr Bankkonto dürfte ihr so lange nicht schaden, solange ihr nicht nachgewiesen wird, dass sie Einkünfte nicht korrekt abgerechnet hat.

Zudem könnte sie sogar ihre marxistische Grundausbildung einbringen und erklären, dass sie mit den Bucheinnahmen keine Einkünfte aufweist, die auf Ausbeutung fremder Arbeitskraft basieren. Im Gegensatz übrigens zu den Nebeneinkünften vieler anderer Politiker. Doch grundsätzlich hat die Journalistin Nelly Tügel recht, die auf Twitter geraten hat, man solle Wagenknecht nicht wegen ihres Bankkontos kritisieren, sondern wegen ihrer Politik.

Partei-Neugründung kann warten

Und sind da die Rollen vor allen in ihrer Noch-Partei klar verteilt: Ihre Fans verteidigen jede Äußerung von ihr und ihre Gegner sehen fast in allem, was sie von sich gibt, einen weiteren Ausschlussgrund. Das wurde deutlich, als Wagenknecht vor einigen Tagen erklärte, dass sie mit der Entscheidung über eine Partei-Neugründung bis zum Jahresende warten wolle.

Eine solche Meldung könnte eigentlich zum Aufatmen in der Linken führen. Noch könnte die Spaltung verhindert werden, wäre dann die erste Überlegung. Und daran müsste sich die Frage anschließen, wie es vielleicht doch noch zu einer Lösung kommen kann, damit die Spaltung ausbleibt.

Zumal Wagenknecht in ihrer jüngsten Einlassung durchaus selbstkritische Töne anklingen ließ. Auch betonte sie, dass eine neue Partei "nicht nur kluge und ehrlich engagierte Menschen" anziehe, "sondern auch schwierige Leute - teilweise solche, die schon alle möglichen Parteien hinter sich haben". Zudem erklärte sie, dass sie keine "One-Women-Show" wolle – und ließ anklingen, dass ihre Stärke auch nicht in Herausbildung einer funktionierenden Parteiorganisation liege.

Zudem kann als versöhnliche Geste an ihre Noch-Partei gelten, dass sie als Grund für ihr Abwarten bei der Partei-Neugründung auch angibt, dass sie die Existenz der Bundestagsfraktion nicht gefährden will. Würden Wagenknecht und einige ihrer Anhänger diese verlassen, würde der Fraktionsstatus insgesamt entfallen. Schließlich gibt es seit der letzten Bundestagswahl überhaupt nur noch eine Linksfraktion, weil die 4,9-Prozent-Partei drei Direktmandate erworben hat.

Doch diese versöhnlichen Töne kamen bei den Wagenknecht-Gegnern nicht gut an. Im Gegenteil wurde ihre Erklärung sogar als besondere Tücke aufgefasst. Wagenknecht quäle die Partei damit, dass sie nicht sofort austrete, war da zuhören. Es wird offen gefordert, dass die Politikerin aus Partei und Fraktion ausgeschlossen werden müsse.

Dabei wird ihr unterstellt, sie verwende Mittel, die sie durch ihr Abgeordnetenmandat erziele, für den Aufbau einer neuen Partei. Bemerkenswerterweise geht niemand von der Wagenknecht-Gegner auf den drohenden Verlust des Fraktionsstatus ein, wenn einige der Abgeordneten die Fraktion verlassen.