Spam von Rechtsaußen juristisch zulässig

Das OLG Koblenz versagt einem Empfänger einer unerwünschten Werbe-E-Mail mit rechten Inhalten den einstweiligen Rechtsschutz.

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Von
  • Joerg Heidrich

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz vom 10. Juni 2003 (Az 1 W 342/03) kann der Empfänger einer unerbetenen, massenhaft versandten E-Mail mit Werbung für eine rechte Vereinigung hiergegen nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen. Den Erlass einer einstweiligen Verfügung lehnte das Gericht ab.

Im März 2003 hatte ein "Bündnis für echte Demokratie" per E-Mail für die bevorstehende Gründung einer "Deutschen Nationalversammlung" geworben, die sich unter anderem der Fortexistenz des Deutschen Reiches widmen wollte. Am Ende der Mail befand sich ein Link, unter dem der Empfänger weitere Zusendungen angeblich abbestellen konnte, was allerdings, datenschutzrechtlich fragwürdig, die Angabe von Name und E-Mail-Adresse erforderte.

Einer der Empfänger, ein Software-Unternehmen, das zuvor keinerlei Kontakt zu dem Verein gehabt hatte, fühlte sich durch die unverlangte E-Mail-Werbung mit rechtsradikalen Tendenzen belästigt. Einer erfolglosen Abmahnung folgte vor dem Landgericht Mainz ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Spam-Versender. Das Gericht lehnte den Erlass der Verfügung jedoch überraschenderweise ab: Die Antragstellerin könne die unerwünschten E-Mail-Newsletter ja ohne weiteres "abbestellen", ein Verfügungsgrund sei daher nicht ersichtlich.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin schloss sich das OLG Koblenz dieser Ansicht zwar nicht an, wies aber die Beschwerde gleichwohl zurück: Eine konkrete Wiederholungsgefahr liege nicht vor, denn nach der erfolglosen Abmahnung habe die Antragstellerin von dem Verein bisher keine zweite Spam-Mail mehr erhalten. Dieser habe sich daher "strikt nach dem Wunsch der Antragstellerin" verhalten. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass der Verein sich geweigert habe, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, was üblicherweise juristisch erforderlich ist, um eine Wiederholungsgefahr tatsächlich auszuschließen.

Rechtsanwalt Dr. Arthur Waldenberger, Vertreter der Antragstellerin, bezeichnet das Urteil gegenüber heise online als "bemerkenswerte juristische Fehlleistung", die dazu führe, dass im Bezirk des OLG Koblenz die Empfänger unerbetener Werbe-Mails rechtlich schutzlos blieben. Für besonders befremdlich hält es Waldenberger, dass die Entscheidung unter anderem auch damit begründet wird, dass es sich bei der Politwerbung nicht um einen "klassischen Fall" von E-Mail-Werbung gehandelt habe, sondern für die Gründung einer vermutlich verfassungsfeindlichen Vereinigung geworben werde. "Diese Aussage steht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung und legt die Frage nahe, ob das Gericht nicht mit einer an den Haaren herbeigezogenen Begründung Rechtsradikale im Internet schützen wollte", erklärte Waldenberger.

Anfang dieses Jahres hatte bereits das OLG Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einen Versender von Spam-Mails verweigert. Dies begründete das Gericht seinerzeit damit, dass unerbetene Werbe-E-Mails "mit einem einzigen Klick" entfernt werden können, sodass die Beeinträchtigung für den Empfänger "nicht gravierend" sei. (Joerg Heidrich) (hob)