Gericht unterbindet Gaunereien mit angeblich kostenlosen Onlineeinträgen

Schlechte Zeiten für unseriöse Webanbieter von Branchenverzeichnissen.

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Schlechte Zeiten für unseriöse Webanbieter von Branchenverzeichnissen. Laut Richterspruch des Amtsgerichts Herford (Ostwestfalen) erhalten sie trotz Vertrag keinen Cent für einen Grundeintrag, wenn im Formular nicht klipp und klar auf die Kostenpflicht hingewiesen wird.

Im entschiedenen Fall verweigerte ein Kunde trotz Kontrakt und Unterschrift die Zahlung von rund 800 Euro für einen Grundeintrag in ein Online-Firmenverzeichnis mit der Begründung, er sei auf Grund der Gestaltung des ihm per Fax zugesandten Formulars davon ausgegangen, dass der Grundeintrag kostenlos sei. In der Beweisaufnahme legte er das Formular dem Gericht vor. Tatsächlich fand sich dort die Angabe, dass auch der Grundeintrag nur gegen Bares erfolgt. Allerdings war der Hinweis im Gegensatz zur fett gedruckten Anpreisung für den Grundeintrag klein gedruckt und auf zwei separate Zeilen dergestalt verteilt, dass in der zweiten Zeile allein das Wort "kostenfrei" auftauchte. Auch eine Preisangabe für den Grundeintrag fehlte, während für die weitergehenden Eintragungsmöglichkeiten ordnungsgemäße Preise ausgewiesen waren.

Beide Umstände begründen nach Auffassung des Richters eine Sittenwidrigkeit mit der Folge, dass der Kunde nicht zahlen muss. Dabei sei unbeachtlich, dass der Beklagte Geschäftsmann ist. Gerade bei Firmenverzeichnissen im Web gehe der Verkehrskreis von einem kostenlosen Grundeintrag aus, sodass auch ein Geschäftsmann die Offerte bei unklarer Gestaltung nicht näher prüfen müsse. Das Amtsgericht ging noch einen Schritt weiter und urteilte, dass der Anbieter durch die "Benutzung des Formulars den Tatbestand des Betrugs" erfüllt.

Die Dreistigkeit der Gaunereien mit frisierten Formularen kennt kaum Grenzen. So hatte das Amtsgericht Miesbach bereits Anfang 2001 einen ähnlichen Fall auf dem Tisch. Einziger Unterschied: Hinter dem Angebot für den Grundeintrag befand sich ein Sternchenhinweis, der an einer versteckten Stelle über die Kosten von jährlich 198 Euro informierte -- für Bereitstellung, Verwaltung und Datenkorrektur. Auch hier lag Betrug vor; die Inserenten mussten trotz Unterschrift nicht zahlen.

Nicht nur mit Online-Verzeichnissen wollten windige Zeitgenossen in der Vergangenheit unaufmerksame Geschäftsleute abzocken. Ein Lieblingskind bei der Jagd nach Bauernopfern war dabei die Verknüpfung mit dem DeNIC, der zentralen Vergabestelle für die .de-Domains. Unter dem Deckmantel einer "Gebührenzentrale" verschickte beispielsweise eine Berliner Briefkastenfirma Mitte 2001 fingierte Rechnungen und verlangte umgerechnet 188 Euro für die Verwaltung von Webadressen. Dem Schreiben war für den Fall der Nichtzahlung der dezente Hinweis beigefügt, das die Adresse dann ins Off geschickt werde.

Verbraucherschützer und Juristen raten in solchen Fällen zum Handeln. Da es sich bei diesen Formularen rechtlich gesehen um eine arglistige Täuschung handelt, können Betroffene den Vertrag binnen eines Jahres anfechten. Sie müssen dann nicht zahlen beziehungsweise erhalten ihr Geld zurück. Ungeachtet der Unwirksamkeit von Verträgen mit fehlender Leistung oder versteckten Preisen droht den Anbietern die strafrechtliche Verfolgung. Der dafür einschlägige Paragraf 263 Strafgesetzbuch sieht eine Höchststrafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis vor. Entgegen landläufiger Meinung stellen solche Praktiken kein Kavaliersdelikt dar. Das Landgericht Bochum verurteilte beispielsweise einen Mann wegen Betruges zu dreieinhalb Jahren Freiheitsentzug. Der auf Mallorca weilende Gauner hatte als Rechnung getarnte Angebote zur Veröffentlichung von Todesanzeigen im Web an Angehörige von Verstorbenen geschickt. Auf Grund der formellen Aufmachung hielten zahlreiche Betroffene das Schreiben für die Rechnung der in der Tageszeitung geschalteten Todesanzeige. Mit der pietätlosen Masche strich der Betrüger mehr als 10.000 Euro ein. Die lange Haftstrafe wurde auch vom Bundesgerichtshof als letzte Instanz bestätigt.

Im Fall des Amtsgerichts Herford hat der Kläger Berufung eingelegt. Die Erfolgsaussichten sind nach Meinung von Rechtsexperten dürftig. Für den Webanbieter könnte sich der Gang in die zweite Instanz auch auf andere Weise als Bumerang erweisen. Sobald die Staatsanwaltschaft von dem im jetzigen Urteil ausgesprochenem Betrug Wind bekommt, ist sie grundsätzlich zur Strafverfolgung verpflichtet. (Noogie C. Kaufmann) / (jk)