Die PKW-Maut kommt ... kommt nicht ... kommt sicher... kommt vielleicht ...

Obwohl die mächtigen Automobilverbände die Pläne für eine Einführung der PKW-Maut als Abzocke verurteilen, ist die Mauteinführung als Teil eines schwarz-gelben Regierungsprogrammes nicht vom Tisch. Die bislang festgelegte Reduzierung der Straßenbaukosten lässt eigentlich keine Alternative zur Einführung dieser Maut.

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Von
  • Detlef Borchers

Obwohl die mächtigen Automobilverbände die Pläne für eine Einführung der PKW-Maut als Abzocke verurteilen, ist die Mauteinführung als Teil eines schwarz-gelben Regierungsprogrammes nicht vom Tisch. Die bislang von CDU/CSU und FDP festgelegte Reduzierung der Straßenbaukosten im Bundeshaushalt lässt eigentlich keine Alternative zur Einführung dieser Maut.

Seit dem Bericht zur Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturen, den die Pällmann-Kommission (PDF-Datei) 2000 im Auftrag der damals rot-grünen Bundesregierung abgeliefert hat, geistert die PKW-Maut regelmäßig durch deutsche Debatten. Eine (Autobahn-) PKW-Maut auf Basis von Vignetten, wie sie in Österreich oder der Schweiz erhoben wird, oder eine generelle Maut auf OBU-Basis, wie sie in den Niederlanden mit dem Programm Anders betalen voor Mobiliteit geplant ist, könnte direkt dem Straßenbau zugute kommen.

Wie bei der LKW-Maut müssten auch PKW-Fahrer diese Maut bezahlen, die Deutschland nur als Transitland wahrnehmen. Anders als bei der LKW-Maut sollten die Einnahmen aber nicht in die Sanierung anderer Verkehrsinfrastrukturen wie Schiene oder Wasserwege fließen. Die Einführung einer PKW-Maut ist unter diesem Gesichtspunkt deutlich attraktiver als die mögliche Ausdehnung der LKW-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht. In der Erklärung, die der FDP-Verkehrsexperte Patrick Döring gegenüber dem Berliner Tagesspiegel gab, ist die PKW-Maut eine Option. Für ihn dürfe es keine Denkverbote darüber geben, wie die im Koalitionsvertrag formulierte "Reduzierung der Haushaltsabhängigkeit" der Verkehrsinfrastrukturen am besten zu erreichen ist, betonte Döring. Wichtig sei ein Instrument, bei dem das Geld nicht durch die klebrigen Hände des Finanzministers laufe. Die CSU, die in der Vergangenheit des Öfteren eine PKW-Maut gefordert hatte, kann sich nach Aussage ihres Verkehrspolitikers Hans-Peter Friedrich eine PKW-Maut vorstellen, wenn diese belastungsneutral für deutsche Autofahrer eingeführt wird.

Der Blick auf den Autofahrer als zusätzliche Einnahmequelle muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass konjunkturbedingt bei der LKW-Maut ein Milliardenloch droht. Die Einnahmen stiegen im September mit 395 Millionen Euro zwar auf einen Rekordstand für das Jahr 2009, doch wurden insgesamt bis Ende September nur 18,2 Milliarden Verkehrskilometer abgerechnet, 2,9 Milliarden weniger als 2008. Durch den Einbruch im Transportgewerbe ist es wenig wahrscheinlich, dass bis Ende 2009 die fest eingeplanten 5 Milliarden Euro Mauteinnahmen erzielt werden. Nach aktuellen Berechnungen müssen sich die Hände des Finanzministers mit 3,8 bis 4 Milliarden Euro begnügen.

Technisch recht einfach ist eine PKW-Maut für die Autobahnbenutzung auf Vignetten-Basis denkbar. Die Kontrollbrücken auf deutschen Autobahnen, die überprüfen, ob LKW korrekt gezahlt haben, könnten das aufgeklebte "Pickerl" kontrollieren, wie dies in Österreich nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten funktioniert. Eine Lösung, bei der gefahrene Kilometer mit einer On-Board-Unit (OBU) abgerechnet werden, wäre ungleich aufwändiger. Eine solche Lösung ist in den Niederlanden avisiert, wo ein Feldversuch mit 60.000 PKW geplant ist. Derzeit liegen die Pläne wegen der ungewissen wirtschaftlichen Lage auf Eis.

Gerade bei der anspruchsvollen OBU-Lösung hat Deutschland bereits Lehrgeld gezahlt. Das deutsche Maut-Konsortium Toll Collect hatte sich verpflichtet, ein entsprechendes System bis zum August 2003 zu errichten. Fehlerfrei funktionierte das Gesamtsystem erst nach einem Neustart im Januar 2005. Um die entgangenen Mauteinnahmen streiten sich die Bundesregierung und Toll Collect in einem Schlichtungsverfahren um eine Gesamtsumme von 5 bis 6 Milliarden Euro. In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung heißt es, dass allein die Anwaltskosten dieses Verfahrens mittlerweile bei 54 Millionen Euro liegen. Nach Meinung des Blattes könnte die Diskussion um eine PKW-Maut und die Finanzprobleme der neuen Regierung eingestellt werden, wenn der Schadensersatz für das Maut-Debakel gezahlt wird. (jk)