Stärkere Farben

Weniger als 300 Euro kostet ein Monitor mit erweitertem Farbraum, gegen den herkömmliche Displays im wahrsten Sinne des Wortes verblassen. Die kräftigen Farben begeistern nicht nur Fotografen und werden dem Farbvermögen aktueller Drucker besser gerecht, sondern hauchen auch Spielen mehr Pep ein und lassen Videos dynamischer wirken. Doch ohne Farbprofil wird alles nur bunter, nicht besser.

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Displays mit RGB-LED-Backlight oder Wide-Color-Gamut (WCG) lassen einen nicht mehr los, wenn man einmal den Vergleich gesehen hat: Das Rot brennt statt nur zu verglühen, das Grün wirkt satt statt gelblich verwelkt. Manch ein Notebook muss man sich nach so einem Vergleich erst einmal wieder länger ansehen, um sich überhaupt noch vorstellen zu können, diese bräunliche Pampe mal für Rot gehalten zu haben. Inzwischen haben diese Techniken es sowohl in Profi- wie auch überraschend günstige Monitore geschafft, wie die Übersicht ab Seite 126 zeigt. Auch unterwegs muss man nicht drauf verzichten – Notebooks ab Seite 130.

Mit diesen Displays zeigen PCs ohne weitere Vorkehrungen allerdings viel zu kräftige Farben an. Beispielsweise erscheint ein volles Rot auf einem WCG-Monitor kräftiger als auf einem herkömmlichen, und auf einem mit RGB-Backlight nochmals kräftiger und etwas Richtung Magenta verschoben. Betriebssystem und Anwendungen dürfen daher die RGB-Farbtripel nicht mehr als absolute Farben behandeln, sondern müssen vom erweiterten Farbraum erfahren und die RGB-Werte entsprechend umrechnen.

Dazu dienen unter Linux, Mac OS und Windows gleichermaßen die Farbprofile, die den Farbraum des Monitors beschreiben [1]. Jeder Monitor benötigt ein speziell auf ihn zugeschnittenes Profil in Form einer ICC-Datei, was die vom Hersteller mitgelieferten Profile nicht immer gewährleisten. Wohl dem, der sich ein Colorimeter ausleihen kann. Alle anderen sollten die Anschaffung erwägen – es lohnt sich, doch dazu später mehr.

Auf der CIE-Normfarbtafel entspricht der Farbraum eines Monitors einem Dreieck aus Rot (rechts), Grün (oben) und Blau (links). Eingezeichnet sind sRGB (schwarzes Dreieck) und AdobeRGB (grau) sowie ungefähre Werte für herkömmliche CCFL-Monitore (blau), normale Notebooks (grün), WCG-Panels (orange) und welche mit RGB-LED-Backlight (rot).

In den meisten Notebooks stecken Panels, die nicht einmal den vergleichsweise kleinen sRGB-Farbraum komplett abdecken, sondern nur ein blasses Grün und kraftloses Rot abliefern und selbst beim ansich ziemlich unkritischen Blau hinterherhinken. Desktop-Panels schaffen üblicherweise immerhin sRGB, einige wenige auch etwas mehr. Dass stärkere Farben nicht gehen, liegt hauptsächlich am beschränkten Spektrum der Hintergrundbeleuchtung.

Mit dem Begriff Wide Color Gamut werden einige Ansätze bezeichnet, den Farbraum durch Hintergrundbeleuchtungen mit breiterem Spektrum und besser daran angepassten Farbfiltern zu erweitern. Die guten WCG-Panels übertreffen den gesamten AdobeRGB-Farbraum knapp, einige bleiben vor allem bei Grüntönen etwa in der Mitte zwischen sRGB und AdobeRGB stecken – immer noch ein sichtbarer Vorteil gegenüber herkömmlichen Farben. Einige wenige Panels sind mit RGB-LEDs als Hintergrundbeleuchtung ausgestattet. Diese haben getrennte LEDs für Rot, Grün und Blau mit noch besser abgestimmten Farbfiltern. Das Ergebnis sind nochmals sattere Farben, die weit über AdobeRGB hinausgehen.

Einzeln ansteuerbar sind die RGB-LEDs übrigens nicht, mit variablen Hintergrundbeleuchtungen warten bisher nur einige Fernseher auf. Auch noch Zukunftsmusik sind die von Sharp angekündigten Displays mit fünf Grundfarben – zusätzlich Gelb und Cyan –, die den Farbraum weiter vergrößern dürften.

Die ICC-Dateien, die zwischen den Betriebssystemen übrigens austauschbar sind, beschreiben einen Farbraum, den man sich bei Monitoren grob zweidimensional als Dreieck zwischen dem sattesten Rot, Grün und Blau (RGB) mit Weiß in der Mitte vorstellen kann. Farbprofile gibt es auch für andere Geräte wie Scanner, Projektoren und Drucker, bei letzterem entspricht der Farbraum – wieder stark vereinfacht – als Vieleck mit unter anderem den Druckfarben Cyan, Magenta und Gelb (CMY) als Ecken. Jedes Gerät benötigt ein eigenes Profil, Projektoren sogar für jeden Hintergrund und Drucker für jede Kombination aus Tinte und Papier ein individuelles.

Diese zweidimensionale Vorstellung funktioniert nur in einer bestimmten Darstellungsart der Farben, und zwar auf der sogenannten CIE-Normfarbtafel mit ihrer charakteristischen Schuhsohlen- oder Hufeisenform. Dort haben alle Farben eine einheitslose Koordinate zwischen 0/0 und 1/1. Lange nicht alle Aspekte von Farbräumen und Kalibrierung lassen sich mit diesem Modell anschaulich erklären (beispielsweise warum das Vieleck eines Druckerfarbraums nicht nur die Tintenfarben als Ecken hat), aber für das grundlegende Verständnis der Problematik reicht es aus. Die Form des Hufeisens ist übrigens vom menschlichen Farbempfinden abgeleitet – jede Tierart hätte ein eigenes Hufeisen.

Zu beachten ist, dass jede farbige Darstellung des Hufeisens im Internet, in Büchern oder Zeitschriften falsch sein muss, weil das jeweilige Medium die Farben außerhalb seines eigenen Profils gar nicht wiedergeben kann. Die Farbe, die unten rechts in der Ecke das satteste Rot darstellen soll, liegt in Wirklichkeit weiter links. Und das satteste Grün oben in der Biegung findet man in keinem Hufeisendiagramm, sondern nur im Wald.

Neben den Geräteprofilen, die den Farbraum eines konkreten Druckers oder Monitors beschreiben, gibt es die Arbeitsfarbräume, die keine reale Entsprechung haben oder deren Ursprung keine praktische Rolle mehr spielt. Die bekanntesten sind die erwähnten sRGB und AdobeRGB. AdobeRGB wurde anschaulich gesagt mit dem Ziel entworfen, den typischen CMYK-Druckerfarbraum, der nämlich über sRGB hinausgeht, mit einem RGB-Dreieck abzudecken.

Wenn ein profiliertes System aus einer Datei ein Pixel liest, rechnet es den RGB-Wert unter Berücksichtigung des Farbraums der Datei (üblicherweise sRGB) zuerst in einen Punkt auf dem Hufeisendiagramm um. Danach errechnet es aus dieser Koordinate und dem Farbraum des Zielgeräts die RGB-Werte, die an den Monitor geschickt werden müssen.

Beispielsweise wird aus 255/0/0 einer Datei mit sRGB-Farbraum zuerst die Koordinate 0,65/0,33. Gute bisherige Monitore zeigen ein kleines bisschen intensivere Farben als sRGB, sodass im zweiten Schritt daraus ein Wert um 240/15/15 entsteht. Mit den Profilen von WCG-Monitoren ergibt sich etwa 220/0/0, mit RGB-Backlights etwa 210/55/20. Je intensiver das maximale Rot eines Monitors ist, desto weiter rechts liegt die untere rechte Ecke des Farbraumdreiecks von 0,65/0,33 entfernt, die dem Ausgabewert 255/0/0 entspricht. Desto kleiner muss also der Rot-Anteil des RGB-Tripels werden, das auf diesem Monitor einem vollen sRGB-Rot entsprechen soll.

Wenn kein Monitorprofil geladen ist, kann der zweite Teil der Umrechnung nicht korrekt stattfinden, das System nimmt sRGB an und macht aus 0,65/0,33 wieder 255/0/0.

Das Betriebssystem kann diese Umrechnung nicht für den gesamten Desktop vornehmen, weil es nicht weiß, welche Flächen überhaupt profiliert dargestellt werden sollen und mit welchem Profil. Beispielsweise sollen der Breakpoint im Debugger oder die Verlustzahlen im Geschäftsbericht ja durchaus mit dem kräftigsten möglichen Rot erscheinen, auch die Palette des Malprogramms soll alle darstellbaren Farben zeigen. Das Betriebssystem stellt daher nur die Werkzeuge bereit, und die eigentliche Entscheidung, was mit welchem Profil angezeigt wird, treffen die einzelnen Anwendungen.

[1] Stefan Porteck, Jörg Wirtgen, Zu bunt getrieben, Farbstarke Monitore und Notebooks unter Windows bändigen

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 23/2009.

Artikel zum Thema "Farben wie noch nie" finden Sie in der c't 23/2009:
Größere Display-Farbräume im Griff S.118
Farbstarke Monitore mit großen Einblickwinkeln S. 126
Notebooks mit Spitzen-Displays S. 130

(jow)