Prozessorgeflüster

Gute Nachrichten über Bilanzen und neue Produkte von AMD und Apple – aber auch schlechte über schmutzige Insider-Geschäfte bewegen derzeit das Silicon Valley rund um Intel, AMD und Co.

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Von
  • Andreas Stiller
Inhaltsverzeichnis

Recht geräuscharm führte Intel den Core i7-960 ein, der den teuren Extreme Edition Core i7-975 ersetzt, aber auch immerhin 562 US-Dollar (OEM-Preis) kostet.

Zu den Tippgebern des Chefs der Hedgefonds-Firma Galleon, dem aus Sri Lanka stammenden Multimilliardär Ray Rajaratnam, gehörten offenbar einige bedeutende Manager und Unternehmensberater der Szene, etwa Rajiv Goel, Intels Direktor für strategische Investitionen, Robert Moffat, Senior Vice President der System- und Technologie-Abteilung der Computergruppe von IBM, und Anil Kumar, einer der Direktoren der renommierten Consulting-Firma McKinsey. Alle Angeschuldigten wurden verhaftet und von ihren Jobs suspendiert. Goel soll anstehende Intel-Investitionen bei Clearwire an Rajaratnam verpetzt haben und Kumar war als Berater an AMDs Aufspaltung beteiligt. Ebenso wie IBMs Moffat soll er über seine diesbezüglichen Insider-Kenntnisse geplaudert haben. Kurz bevor die Einigung von AMD mit Abu Dhabi an die Öffentlichkeit kam, kauften Rajaratnam und Galleon ganz zufällig rund fünf Millionen AMD-Aktien. Zudem soll auch noch ein nicht benannter AMD-Manager an den Indiskretionen beteiligt gewesen sein. Dummerweise aber fiel der AMD-Kurs schnell wegen der aufkommenden Krise, dieser Deal dürfte sich nicht wirklich gelohnt haben.

Dennoch spricht man an der Wall Street von dem größten Insider-Skandal, der je die Marmorfront der New York Stock Exchange erschütterte. Ansonsten war man in der Mauerstraße recht optimistisch gestimmt. Konnten doch die IT-Firmen mit besseren Zahlen glänzen als ursprünglich erwartet, allen voran IBM, Intel und Google mit dicken Milliardengewinnen. IBM schaffte es gar, bei um 7 Prozent auf 23,6 Milliarden Dollar verkleinertem Quartalsumsatz den Gewinn um 14 Prozent auf 3,2 Milliarden Dollar zu steigern. Intel steht mit einem Nettoquartalsgewinn von 1,9 Milliarden Dollar bei 9,4 Milliarden Dollar Umsatz auch nicht schlecht da. Die Ergebnisse liegen zwar ein paar hundert Millionen unter denen des Vorjahrs, sind aber doch deutlich besser als von den Analysten erwartet. Konkurrent AMD bleibt zwar noch in den roten Zahlen, mit nur noch 128 Millionen Dollar Miesen (bei 1,4 Milliarden Umsatz) geht es jedoch auch hier langsam wieder bergauf. Apple und Texas Instruments schürten mit ihren guten Ergebnissen ebenfalls die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Rezession.

Apple konnte sich sogar über die neue Rekordmarke von 1,665 Milliarden US-Dollar Profit erfreuen und feierte das gleich tags drauf mit einem neuem iMac mit 21,5- oder 27-Zoll-Display mit LED-Backlight, einer Magic Mouse mit Multi-Touch und mit schnelleren Prozessoren: Intel Core 2 Duo (3,06 oder 3,33 GHz), Core i5-750 (2,66 GHz) oder Core i7-860-Quadcore (2,8 GHz Lynnfield). Immerhin soll das Spitzensystem um den Faktor 2,3 bis 2,4 schneller sein als der Vorgänger mit Core 2 Duo, und zwar nicht bei irgendwas, sondern bei Final Cut Studio, SPEC_fp_rate_base2006 (75,4) und SPEC_int_rate_base2006 (99,9). Das sind ausgezeichnete Werte für einen Prozessor, für den Intel aus irgendwelchen Gründen noch gar keine CPU2006-Ergebnisse veröffentlicht hat, weder unter Windows noch unter Linux. Hier könnte sich durchaus das neue Mac OS X 10.6 (Snow Leopard) beweisen. Da es sich beim iMac anders als beim Mac Pro oder Xserve ja nur um ein Einprozessor-System handelt, stört es auch nicht weiter, dass der Schneeleopard den lokalen Speicher (NUMA) des Nehalem-Prozessors in MP-Systemen genauso wie Vorgänger Leopard nicht optimal unterstützt.

Intel musste ja im vorigen Quartal erstmals seit über zwanzig Jahren einen Verlust ausweisen – aber nur wegen der Strafe von über einer Milliarde Euro, die die EU-Kommission wegen Verstoßes gegen europäische Wettbewerbsgesetze verhängt hat. Derweil geht der Grabenkampf zwischen Intel und AMD in den USA ungebremst weiter. Beide legten mit zahlreichen Anschuldigungen im Vorfeld des für Februar 2010 angesetzten Prozesses nach. Sie monierten gegenseitig zurückgehaltene Dokumente, gelöschte E-Mails, nicht restaurierte Daten und andere Informationsunterschlagungen – Hunderttausende wenn nicht gar Millionen Dokumente spielen in dem von AMD gegen Intel im Jahre 2005 angestrengten Verfahren eine Rolle – da hat das District-Gericht in Delaware reichlich Lektüre.

Zum Start von Windows 7 spitzte sich auch auf dem eigentlichen Schlachtfeld der beiden Kontrahenten der Zweikampf zu. Intel brachte zwei Tage vor dem 22. Oktober, dem offiziellen Starttermin, den Core i7-960 mit 3,2 GHz heraus, der den Core i7-975 Extreme Edition und den Core i7-950 ersetzen soll und AMD ließ gleich acht neue Prozessoren vom Stapel laufen, darunter recht preiswerte Dreikerner (Athlon II X3, siehe S. 66). Vor allem aber ist der Markt bei den ultradünnen Laptops umkämpft. Hewlett-Packard will mit dem Pavillon dm3 gleich beiden Lagern gerecht werden, entweder bestückt mit AMDs Neo Dual Core L335 (1,6 GHz) oder mit Intels SU4100 (1,3 GHz). Die AMD-Versionen sind dabei immerhin 100 Euro preiswerter und nur am Aufkleber ist zu erkennen, was im dm3 drinsteckt.

Google legte nicht nur gute Geschäftszahlen vor (mit 1,6 Milliarden Dollar Quartalsgewinn), sondern veröffentlichte in Zusammenarbeit mit Professorin Bianca Schröder auch interessante Statistiken über Speicherfehler. Ihr zufolge gibt es häufiger Fehler, als man bislang glaubte (Seite 22). Und damit man sein System zu Hause mal ordentlich auf Speicherherz und Festplattennieren testen kann, stellt Google jetzt den hauseigenen Stresstest (Stressful Application Test, kurz Stressapptest) unter der Apache-2.0-Lizenz der Linux/Unix-Welt zur Verfügung.

Den Speicher auf der Grafikkarte lässt dieser Test aber unberücksichtigt, obwohl der immer wichtiger wird. Diesem Grafikspeicher wird sich unter dem provokanten Titel „TeraFLOPS or TeraFLAWED“ einer der zahlreichen GPU-Vorträge auf der Mitte November stattfindenden Supercomputer-Konferenz SC09 in Portland widmen. Wissenschaftler der Stanford-Universität berichten dort über den Einsatz ihres Testprogramms MemtestG80, das sie an 20 000 Folding@home-Teilnehmer verschickt haben – mit alarmierenden Ergebnissen. Aber Nvidia hat ja schon Besserung gelobt und will die nächste Generation Fermi mit ECC ausstatten.

(as)