Strom aus der Lichtfaser

Eingebettete optische Fasern könnten den Wirkungsgrad von Farbstoff-Solarzellen drastisch steigern – und der Photovoltaik der nächsten Generation ganz neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Katherine Bourzac

Farbstoff-Solarzellen gehören zu den vielversprechenden neuen Technologien in der Photovoltaik. Weil sie nanostrukturierte Materialien nutzen, können die hauchdünnen Solarschichten auf biegsamen Kunststoffolien gefertigt werden. Das britische Unternehmen G24 Innovations hat kürzlich das erste Farbstoffsolarmodul als Verbraucherprodukt herausgebracht.

Der Wirkungsgrad der Zellen lässt mit maximal elf Prozent allerdings noch zu wünschen übrig. Eine Forschergruppe des Georgia Institute of Technology hat nun eine clevere Methode entwickelt, die Stromausbeute zu steigern: Sie wickelten das solare Nanomaterial um Glasfasern. Die kombinierten Faser-Farbstoff-Zellen wandeln – bei gleicher Fläche – sechs Mal mehr Sonnenlicht in Strom um als Zinkoxid-Zellen. Sollte es gelingen, sie mit Fasern aus einem billigen Polymer statt wie jetzt aus Quarz zu produzieren, dürfte ihre Herstellung aber nicht mehr kosten.

Der Vorteil von Solarzellen mit optischen Fasern gegenüber flachen besteht darin, dass durch die Fasern wesentlich mehr Licht in das Farbstoff-haltige Material gelangt. Dadurch steigt die Stromproduktion. „Bezogen auf die Grundfläche eines Solarmoduls hat diese Zelle eine größere Gesamtoberfläche. Dadurch verbessert sich die Ausbeute“, erläutert Max Shtein, Materialwissenschaftler an der Universität von Michigan.

Die neue Konstruktion würde Solarzellen auch ganz neue Einsatzgebiete eröffnen, sagt Zhong Lin Wang, Materialwissenschaftler am Georgia Institute of Technology. Weil die optischen Fasern wie elektrische Leitungen in die Wände eingelassen werden könnten, bräuchte man viel weniger Dachfläche, um eine bestimmte Leistung zu installieren.

Die nach ihrem Erfinder auch Grätzel-Zellen genannten Solarzellen nutzen Farbstoff-Moleküle, um einfallendes Licht zu absorbieren und in frei bewegliche Elektronen umzuwandeln. Die Georgia-Tech-Gruppe entfernt zunächst die Ummantelung von den optischen Fasern und lässt Zink-Nanodrähte an der Oberfläche aufwachsen. Anschließend werden Farbstoffmoleküle hinzugefügt, die sich an den Nanodrähten anlagern.

Zwar könnte man auch die gesamte Faseroberfläche mit einer Zinkschicht belegen. Aber die Nanodrahtstruktur bietet mehr Platz für die Farbstoff-Moleküle. Dadurch vergrößere sich die Absorptionsfläche, sagt Wang. Im letzten Arbeitsgang werden die Fasern mit einem Elektrolyten und einer Metallumhüllung beschichtet, die die freien Elektronen ableitet. Das Konzept haben Wang und seine Kollgen im Wissenschaftsjournal Angewandte Chemie veröffentlicht.

„Die Frage ist: Kann man mit einer kleinen Materialmenge das gesamte Licht absorbieren?“, sagt Yi Cui, Materialwissenschaftler an der Stanford University. Der Vorteil der neuen Zelle liege nicht nur in der vergrößerten Absorptionsfläche. Die effektive Weglänge, die die Photonen in der Zelle zurücklegen, werde durch die Fasern ebenfalls größer. Dadurch steige die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photonen irgendwann geschluckt wird und die Bildung eines freien Elektrons anregt.

Damit diese Vorzüge auch wirken, muss aber zuerst einmal genug Licht in die Fasern hineinkommen. Die Zellen der Wang-Gruppe empfangen Licht nur an den Faserenden. Will man die nicht mit dem Sonnenstand mitführen, müsste man mehr dünne Fasern bündeln. Für die Enden gebe es Stoffe, die Licht sehr effektiv ins Innere leiten können, sagt Cui.

Max Shtein arbeitet an einer anderen Lösung für dieses Problem. Er will die Metallumhüllung durch eine transparente ersetzen, so dass Licht auf der gesamten Länge in die Faser eintreten kann – nicht nur an den Enden. Eine Beschichtung, die zugleich transparent und elektrisch leitfähig ist, macht die Sache allerdings wieder aufwändiger.

Dann könnte man aber die Faser-Zellen auch im Raum verteilen. Zwar wird mehr Licht reflektiert, je schräger der Winkel ist, in dem Licht auf die Faser trifft. Befinden sich jedoch viele Fasern nebeneinander, können die benachbarten den reflektierten Anteil des Lichts schlucken. Dadurch, dass die Reflexion an einer gekrümmten Oberfläche erfolgt, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass sie die nächste Faser in einem günstigeren Winkel trifft. Derartige Solarmodule würden auch an bewölkten Tagen mit diffusem Licht funktionieren, sagt Shtein. (nbo)