EU-Kommission will Datenschutz in Großbritannien durchsetzen

Die Regierung in London erhält Blauen Brief aus Brüssel wegen Mängeln in der nationalen Datenschutzgesetzgebung: Die EU-Kommissarin Viviane Reding will einen besseren Datenschutz durchsetzen.

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Von
  • Tim Gerber

Fordert besseren Datenschutz in Großbritannien: EU-Kommissarin Viviane Reding

(Bild: EU-Kommission)

Die Europäische Kommission hat angekündigt, der britischen Regierung eine mit Gründen versehene Stellungnahme zum Datenschutz auf der Insel zukommen zu lassen. Brüssel sieht erhebliche Mängel bei der Umsetzung europäischer Datenschutzstandards in nationales britisches Recht. "Die Privatsphäre der Menschen und die Unversehrtheit ihrer personenbezogenen Daten ist ein durch europäisches Recht geschütztes Grundrecht", erklärte die für Telekommunikation zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding . Deshalb sei ihre Behörde wachsam und achte auf die Durchsetzung der EU-Vorschriften und Rechte. "Die Gewährleistung der Privatsphäre im digitalen Umfeld ist eine Voraussetzung für Vertrauen im Internet", sagte Reding am vergangenen Donnerstag und forderte die britische Regierung auf, "ihre nationalen Vorschriften zu ändern, damit auch die britischen Bürger in den vollen Genuss der im EU-Recht verankerten Garantien für die Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation kommen."

Konkret stellt die Kommission in den geltenden britischen Vorschriften drei aus ihrer Sicht erhebliche Lücken fest. So gebe es für das Abfangen von Kommunikationsvorgängen keine unabhängige nationale Aufsichtsbehörde, obwohl die Einrichtung einer solchen Stelle, die insbesondere Beschwerden über abgefangene Nachrichten entgegennehmen soll, in der e-Datenschutz-Richtlinie und der Datenschutzrichtlinie vorgesehen seien. Weiterhin erlaube das derzeit geltende britische Gesetz (Regulation of Investigatory Powers Act 2000 -- RIPA ) das Abfangen von Nachrichten schon dann, wenn derjenige, der die Kommunikation abfängt, "Grund zu der Annahme" habe, dass dafür eine Einwilligung des Betroffenen vorliege. Diese britische Bestimmung verstößt gegen EU-Vorschriften, in denen die Einwilligung der betroffenen Person definiert ist als Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt. Zudem seien die RIPA-Bestimmungen über Verbot und Bestrafung des unberechtigten Abfangens auf ein "absichtliches" Abfangen beschränkt, während nach dem EU-Recht die Mitgliedstaaten jegliches Abfangen verbieten und sanktionieren müssen, egal ob es beabsichtigt ist oder nicht.

Der Blaue Brief aus Brüssel ist die vorletzte Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens. Gibt der betroffene Mitgliedsstaat nicht innerhalb von zwei Monaten eine in den Augen der Kommission zufriedenstellende Antwort, kann sie den Europäischen Gerichtshof anrufen. Das EU-Recht sieht zudem vor, dass Bürger, die wegen mangelhafter Umsetzung brüsseler Regularien in das nationale Recht eines Mitgliedsstaates einen Schaden erleiden, den betreffenden Staat dafür haftbar machen können. (tig)