Bizarrer Rechtsstreit um digitale Beatles-Songs

Ein US-Musikportal bietet ohne Genehmigung des Rechteinhabers EMI das Beatles-Gesamtwerk als MP3-Download an. Der Anbieter behauptet, die Songs seien seine eigenen Werke dank "psycho-akustischer Simulation".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 282 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Hank Risan lebt in Kalifornien. Der US-Amerikaner handelt mit klassischen Gitarren und führt das virtuelle Museum of Musical Instruments. Nebenbei hat er eine Softwareschmiede für digitale Schutzverfahren (DRM) namens Media Rights Technologies (MRT) gegründet. Soviel verrät das Internet über den Mann, der sich in der Debatte um das Urheberrecht im digitalen Zeitalter nun mit einer ganz eigenen Theorie zu Wort meldet: "Psycho-akustische Simulation".

So beschreibt Risan das Verfahren, durch das aus MP3-Dateien mit Beatles-Songs, an denen EMI die Rechte hält, MP3-Dateien mit Beatles-Songs werden, an denen er die Rechte hält. EMI kann darüber nicht lachen und hat erstmal Klage eingereicht sowie eine einstweilige Verfügung erwirkt. Auch der zuständige Richter versteht den Witz nicht. Er vermisst bei Risans Theorie die nötige "Klarheit".

Der Reihe nach: Das bis dato eher unbekannte Musikportal Bluebeat hatte Ende Oktober einen ziemlichen Coup gelandet. Den bisher digital immer noch nicht erhältlichen Gesamtkatalog der Beatles gibt es bei Bluebeat als kostenlosen Stream oder MP3-Download für einen Quarter (0,25 US-Dollar oder 0,17 Euro) pro Song. Erwartungsgemäß reagierte der Major EMI, der sich im Besitz der Rechte am Beatles-Katalog wähnte, mit einer Klage.

Für erhebliche Irritationen in der Rechtsabteilung des Labels dürfte die Erwiderung der MRT-Tochter Bluebeat gesorgt haben: Das Unternehmen bestreitet, dass EMI die Rechte an den fraglichen Songs besitzt. Vielmehr seien die angebotenen Dateien "neue audio-visuelle Werke", die Bluebeat selbst durch die "psycho-akustische" Behandlung der ursprünglichen Tonaufnahme und die Beigabe eines Bildes geschaffen habe. An diesen Werken, die völlig andere Tonaufnahmen seien, halte Bluebeat die Rechte.

Das Verfahren erklärt Risan laut einem Bericht von Ars Technica so: "Psycho-akustische Simulationen sind meine künstlichen Schöpfungen einer Reihe von Tönen, die am besten meine Vorstellung ausdrücken, wie eine bestimmte Melodie als Aufführung gehört werden sollte". Oder so ähnlich. Dem Richter war das nicht richtig klar, weshalb er eine einstweilige Verfügung bis zum ersten Anhörungstermin erließ. Trotzdem sind die Beatles noch online bei Bluebeat. Die Anhörung am 20. November verspricht unterhaltsam zu werden.

Völlig legal und ohne Psycho-Simulation soll es das Gesamtwerk der Beatles ab Anfang Dezember auf einem USB-Apfel geben. Der 16-GByte-Stick enthält die im September erschienenen Remastered-Alben der Fab Four als FLAC (44.1 Khz 24 Bit) und MP3 (320 Kbps). Das gute Stück soll stolze 200 Pfund oder 280 US-Dollar kosten (190 bis 230 Euro). Die Vorbestellungen für den Apfel übersteigen offenbar schon die (zunächst?) limitierte Auflage von 30.000 Stück. (vbr)