Cyberbullying: von virtuellen Schikanen bis zum "Happy Slapping"

340.000 britische Kinder und Jugendliche wurden bereits Cyberbullying-Opfer. Besonders häufig findet virtuelle Schikane über den Instant Messenger von MSN statt. Weitere Instrumente der Online-Drangsalierung sind die Social Networks Bebo, Facebook und MySpace.

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In Großbritannien sind schätzungsweise 340.000 der rund 4,4 Millionen Menschen im Alter von 11 bis 16 bereits Opfer von heimtückischer Drangsalierung im Internet und über Mobiltelefone geworden. Das hat die britische Initiative Beatbullying in ihrer jüngsten Studie (PDF-Datei) über virtuelle Gewalt hochgerechnet. Sie sieht sich unter anderem als Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die Opfer von Cyberbullying wurden, und leistet Aufklärungsarbeit. Seit dem Start einer virtuellen Beratungsstelle im März 2009 haben dort nach ihren Angaben 214.000 junge Menschen bei speziell ausgebildeten "Cyber-Mentoren" Hilfe gesucht.

Der Instant Messenger von MSN wird besonders häufig für die virtuelle Schikane genutzt.

(Bild: beatbullying.org)

Für ihre Studie hat Beatbullying vom November 2008 bis Februar 2009 rund 2100 Kinder und Jugendliche befragt. Besonders häufig findet Cyberbullying über den Instant Messenger von MSN statt. Weitere Instrumente der Online-Drangsalierung sind die Social Networks Bebo, Facebook und MySpace. 61 Prozent der Befragten haben angegeben, sie seien bereits Zeuge von Cyberbullying geworden. 61 Prozent kennen gefälschte Profilseiten, Hass-Websites oder so genanntes Happy-Slapping-Material.

Beim "Happy Slapping" werden die Opfer während brutaler oder anderer Übergriffe gefilmt. Diese Filme werden auf Mobiltelefonen gezeigt und verbreitet. Beim virtuellen Mobbing werden auch bloßstellende Botschaften, Fotos und Filme in Social Networks gepostet oder bestimmte Personen werden bewusst von Online-Spielen ausgeschlossen. Die häufigste Form des Cyberbullying ist der Versand von SMS, Sprachbotschaften oder E-Mails mit verletzenden Inhalten. Von Belästigungsanrufen sind Mädchen überproportional betroffen. In dem Bericht wird auch konstatiert, dass die Verbreitung von sexuellem Material zugenommen habe und dass dieses immer häufiger von den jungen Menschen selbst angefertigt werde.

Besonders häufig nachhaltig virtuell schikaniert werden in Großbritannien laut dem Bericht Schüler mit "besonderen Bildungsanforderungen", solche, die kostenloses Schulessen bekommen und Schüler mit "nicht-britischem ethnischen Hintergrund". Als weitere gefährdete Gruppen gelten Kinder und Jugendliche mit mentalen Problemen oder sichtbaren Behinderungen und solche aus schwierigen familiären Verhältnissen. Aber auch andere Menschen könnten nach einer einschneidenden Änderung ihrer Lebenslage Opfer werden.

Als einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Cyberbullying und dem Mobbing in der "realen Welt" sehen die Autoren des Berichts die schnelle Verbreitung der Botschaften mit Hilfe der Technik und die Tendenz zur unkontrollierten Weiterverbreitung. Die Folgen reichen für die Opfer von der sozialen Isolierung, Stress und psychischen Problemen bis hin zum Selbstmord. 32 Prozent der Opfer haben in der Studie angegeben, dass sie als Gegenmaßnahme den Täter blockieren, 31 Prozent ignorieren ihn und 28 Prozent haben sich einem Erwachsenen anvertraut. Insbesondere der letzte Prozentsatz sei gegenüber früheren Studien erfreulicherweise angestiegen, heißt es in dem Bericht.

Die Täter sind fast zu gleichen Teilen Jungen und Mädchen. Während Mädchen eher dazu neigen, verletzende Textnachrichten zu verschicken, versuchen sich Jungen eher in Droh- oder Scherzanrufen. 16 Prozent der Befragten haben angegeben, sowohl selbst Cyberbullying betrieben zu haben als auch Opfer geworden zu sein. 40 Prozent derjenigen 697, die Cyberbullying betrieben haben, hätten dies als Scherz verstanden. Solche Scherze könnten aber wegen der eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeit im Internet, also wegen der fehlenden möglichen Untertöne, auch als Schikane aufgefasst werden, heißt es in dem Bericht.

In Deutschland hatten für die JIM-Studie 2008 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (MPFS) rund ein Viertel der befragten Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren angegeben, sie seien in einem Sozialen Netzwerk bereits von Mobbing betroffen gewesen. Im September startete hierzulande das Jugendportal juuuport.de gegen Cyber-Mobbing. Drangsalierte Jugendliche können sich dort an ehrenamtliche Scouts wenden. (anw)