Studentenproteste weiten sich aus

Aktionen für bessere Studienbedingungen, gegen Studiengebühren und die Auswirkungen der Bologna-Reform sollen heute in einer zentralen Demonstration in Leipzig ihren vorläufigen Höhepunkt finden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 304 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Möcke

In mehreren Städten setzen Studenten am heutigen Dienstag ihre Aktionen für bessere Studienbedingungen, gegen Studiengebühren und die Auswirkungen der Bologna-Reform fort. Eine zentrale Demonstration soll heute um 13 Uhr an der Ostseite des Leipziger Hauptbahnhofs starten.

Anlass ist die Tagung der Hochschulrektorenkonferenz in der Messestadt. Die Konferenz will sich mit den Auswirkungen der Bologna-Reformen befassen. In deren Rahmen sind innerhalb der letzten Jahre 80 Prozent der 9000 Studienangebote in Deutschland in die Bachelor-Master-Form überführt worden.

Die Studenten beklagen Studiengebühren, zunehmende Verschulung des Studiums, hohe Prüfungsdichte, mangelnde Durchlässigkeit der Studiengänge, eingeschränkten Zugang zu den Masterstudiengängen und verstärkte Einflussnahme ökonomischer Kräfte auf die Lehrpläne.

Die seit einigen Monaten durchgeführten Aktionen haben sich mittlerweile europaweit ausgeweitet, In vielen Städten halten Streikende universitäre Einrichtungen besetzt.

Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, räumt Fehler bei der Umsetzung der Bologna-Reformen ein. Die Hochschulen, erklärte sie am Morgen im Deutschlandradio, seien jetzt dabei, alle Studiengänge zu überprüfen. In einzelnen Studiengängen habe man versucht, zuviel Stoff unterzubringen. Es sei richtig, dass die Studienbedingungen besser werden müssten und mehr für die soziale Sicherung der Studenten getan werden müsse. Die Studierenden seien aber zu ungeduldig. Der Vorwurf der Ökonomisierung der Wissenschaft und der Hochschulen und die Klagen über Entdemokratisierung seien allerdings "barer Unfug".

Im selben Sender hat der Prorektor der Universität Heidelberg, Thomas Pfeiffer, eingeräumt , eine große Zahl der deutschen Universitäten sei mit dem Ob und dem Wie der Umsetzung des Bologna-Prozesses nicht glücklich. Es seien jedenfalls nicht die deutschen Universitäten gewesen, die danach gerufen haben. Man habe mit "teutonischer Gründlichkeit" den Versuch unternommen, möglichst intensiv und möglichst detailreich Bologna zu verwirklichen.

Die studentischen Forderungen stoßen in Medien und auch in der Öffentlichkeit weitgehend auf Zustimmung. Das Zentrum für empirische pädagogische Forschung (zepf) der Universität Koblenz-Landau hat zum Thema „Bildungsproteste“ zwischen dem 23. September und dem 25. Oktober die Antworten von 2516 Befragten ausgewertet, eine Stichprobe, die das Zentrum mit Blick auf die Verteilung der Bevölkerung in den Bundesländern für spezifisch repräsentativ hält.

Danach kann in der Öffentlichkeit von einer überzeugenden Zustimmung zu den Umsetzungszielen des Bologna-Prozesses nicht die Rede sein. Je besser die Befragten über den Komplex informiert waren, desto kritischer äußerten sie sich über die Bologna-Reformen: Die Wahrscheinlichkeit der Erhebung von Studiengebühren wachse, die Arbeitsbelastung für die Studierenden steige, und auch die Belastung der Lehrenden werde durch die Verschulung des Studiums und die Bürokratisierung der strukturellen Prozesse deutlich zunehmen. Die Befragten stellen mehrheitlich auch in Zweifel, ob die Studierbarkeit einiger Studienfächer durch Bologna tatsächlich verbessert werde. (fm)