Verhaltensrichtlinien für Suchmaschinenbetreiber

Die Bertelsmann Stiftung hat die Suchmaschinen untersucht. Unter anderem werden den Betreibern irreführende Treffer vorgeworfen, die Kinder ungewollt auf Pornoseiten leiten.

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Von
  • Monika Ermert

Suchmaschinen sind alles andere als die neutralen Apparate, die der unbedarfte Nutzer hinter ihnen vermutet. Nun hat die Bertelsmann Stiftung die "neuen Gatekeeper" ins Visier genommen. "Suchmaschinen können erstens selbst gestalten -- böse gesagt manipulieren -- oder sie können von außen manipuliert werden", sagte Marcel Machill, Medienprofessor in Leipzig und Projektleiter für die soeben abgeschlossene Studie. Die Stiftung legte heute bei den Medientagen einen Code of Conduct vor, den sie gerne von den Betreibern der Suchmaschinen unterzeichnet hätte.

Vor allem sollen die Suchmaschinenbetreiber für mehr Transparenz bei den Kriterien für das Ranking sorgen, gekaufte Links klarer kennzeichnen und auch Informationen über die Suchmaschinen-kompatible Gestaltung von Webseiten beziehungsweise Ausschlusskritierien für "Fälscher" bieten. Bislang hätten AOL, MSN und Allesklar.com den Code unterstützt.

Machill verglich die Autorität von Suchmaschinen mit der des Fernsehens in seiner Frühzeit. Allzuleicht akzeptierten Nutzer die Ergebnisse von Suchmaschinen -- allen voran die vom Marktführer Google -- als objektiv und letztgültig. Die Nutzer wüssten zu wenig über die Funktionsweise und auch die Finanzierungsmodelle der Suchmaschinen. Nur rund ein Drittel rechne damit, dass man durch gekaufte Treffer verschaukelt wird.

Als besonders problematisch für die Qualität der Suchanfragen bezeichneten die Bertelsmann-Vertreter das grassierende "Suchmaschinen-Spamming". Mit allen legalen und illegalen Tricks versuchen die Anbieter zum Beispiel im automatisierten Ranking von Google weiter nach oben zu rücken. Anbieter wie Ebay oder auch Amazon belohnen ihre Kunden für Weiterleitungen auf ihre Seiten.

Noch dicker werden den Suchmaschinenbetreibern irreführende Treffer angekreidet, die Kinder ungewollt auf Pornoseiten leiten. Eine falsch geschriebene "Brittney Spears" bringt die Kleinen nach Ansicht der Männer aus Gütersloh zu leicht auf nicht für sie bestimmte Angebote. Gegen die Manipulation von außen und irreführende Pornolinks können die Suchmaschinenbetreiber wenig tun, sagte Manfred Stegger von Allesklar.com. Er warnte davor, über das Thema Jugendschutz und illegale Inhalte den Konzentrationsprozess im Suchmaschinenmarkt zu vergessen. Bei 80 Prozent Marktanteil könne mit den ersten drei Treffern von Google zum Thema Irak, laut Stefan Fischerländer, Geschäftsführer von certo it solutions, Top-Suchbegriff im März, extrem Politik gemacht werden.

Gelassen hörte sich Ministerialrat Hans-Jörg Kuch die Debatte an. Er meinte, es gebe für regulierende Eingriffe aktuell kein Anlass. Die Suchmaschinenbetreiber leiteten Daten nur durch, das gehe auch aus dem BGH-Urteil zu Paperboy hervor. Mit Blick auf die Konzentration sagte Kuch, selbst im Bereich Presse, wo noch "mehr Meinung gemacht" würde, beschränke sich die Aufsicht auf das Wettbewerbs- und Kartellrecht. (Monika Ermert) / (anw)