Netzwerkspezialist Novell kauft Linux-Distributor SuSE [2. Update]

Mit der Übernahme des deutschen Linux-Distributors SuSE für 210 Millionen US-Dollar durch Novell ist der Linux-Markt um einen starken Mitspieler reicher.

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Von
  • Oliver Diedrich

Mit der Übernahme des deutschen Linux-Distributors SuSE für 210 Millionen US-Dollar durch den Netzwerkspezialisten Novell ist der Linux-Markt um einen starken Mitspieler reicher. Mit dem Desktop und der Softwareverteilungstechnik Red Carpet von Ximian, im Sommer gekauft , den eigenen Netzwerkdiensten für Linux (Nterprise Services) -- eine Portierung der Datei-, Druck-, Mail- und Verzeichnisdienste aus Netware -- und nun der SuSE-Distribution hat Novell eine Komplettlösung im Angebot, die vom Server bis zum Desktop alle Linux-Einsatzbereiche im Unternehmen abdeckt.

Jack Messman, Chef von Novell, ist sich sicher: "Der Kauf von SuSE Linux rundet das Profil von Novell als Lieferant vollständiger Linux-Lösungen für Unternehmen ab." Kein anderer Linux-Anbieter verfüge neben Novell über vergleichbare Betriebssystem-Erfahrungen und Support-Kapazitäten. Auch für sein eigenes System NetWare hat die Firma bereits Linux-Pläne: Im Rahmen der hauseigenen Open-Source-Strategie soll NetWare 7 neben dem klassischen NetWare-Kernel auch alternativ einen Linux-Kernel verpasst bekommen. Mit SuSE war Novell seit kurzem bereits durch einen ausgedehnten Support-Vertrag verbandelt. "Wir haben uns für SuSE Linux entschieden, weil sie klarer Technologieführer bei Linux-Lösungen für Unternehmen sind", meinte Messman.

SuSEs Chef Richard Seibt feierte die Unterzeichnung des Vertrags mit Novell ebenfalls als großen Schritt nach vorne: "Mit Novell verbindet uns die Begeisterung für offene, standardisierte Lösungen." Mit der globalen Präsenz und Marketingexpertise von Novell kombiniert mit dem hervorragenden Ruf dieses Unternehmens hinsichtlich Sicherheit, Verlässlichkeit und dem erstklassigen Kunden-Support erreiche man die nächste Stufe für SuSE Linux. SuSE erhofft sich vor allem einen besseren Zugang zum weltweit wichtigsten Softwaremarkt USA, der ohne eine starke Präsenz vor Ort nicht erreicht werden kann. SuSE hatte auf dem Höhepunkt des New-Economy-Booms schon einmal versucht, stärker in den USA Fuß zu fassen -- der Versuch verlief aber nicht besonders glücklich und wurde Rahmen eines Sparprogramms wieder zurückgefahren.

Die bisherigen Anteilseigner von SuSE haben dem Verkauf bereits zugestimmt. Die SuSE Linux AG gehört bislang der Risikokapital-Firma e-millennium (32 Prozent), hinter der unter anderem SAP und die Deutsche Bank stecken, sowie den Unternehmen Apax (21 Prozent), Adastra (20 Prozent). Den Rest halten Intel Capital, IBM, Hewlett-Packard und SGI, die insgesamt 12 Prozent der Anteile besitzen, sowie die SuSE-Gründer und die Belegschaft.

SuSE-Konkurrent Red Hat reagierte verhalten auf die Nachricht: Man denke, dies sei eine glückliche Kombination angesichts der jüngsten Linux-Strategie von Novell, wie sie sich in der Übernahme von Ximian ausdrücke. Man hege die Hoffnung, dass SuSE den Kunden reine Open-Source-Lösungen anbiete -- denn Red Hat sei überzeugt, dass auf Open-Source-Standards aufgebaute Lösungen für die Firmenkunden am nützlichsten seien.

Massive Unterstützung für den Schachzug scheint Novell dagegen von IBM zu bekommen: Der in letzter Zeit im Linux-Markt äußerst aktive IT-Riese will 50 Millionen US-Dollar für einen Aktienanteil an Novell ausgeben, teilte die Firma mit. Die Aktie von Novell machte nach Eröffnung des Handels in New York bis zum frühen Abend (deutscher Zeit) einen Sprung um geschlagene 38,05 Prozent nach oben auf 8,35 US-Dollar, nachdem er zeitweise um über 40 Prozent gestiegen war. In Frankfurt stieg der Novell-Kurs im Parketthandel um 38,46 Prozent auf 7,20 Euro.

Siehe dazu auch Chris Stone, Vice Chairman von Novell, im Gespräch mit c't: (odi)