Zoff bei den GNUs

Thomas Bushnell, Primary Architect bei GNU/Hurd, scheidet im Streit mit Richard M. Stallman als Maintainer für das Hurd-System aus.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die unendliche Geschichte von GNU/Hurd ist um ein Kapitel reicher: Thomas Bushnell, nach den Hurd-Seiten Primary Architect des eigenen System-Kerns des GNU-Projekts, ist nicht mehr länger Maintainer für das Hurd-System. Er scheidet im Streit mit Richard M. Stallman aus dem Projekt aus, beziehungsweise Stallman hat ihn aus dieser Funktion ausgeschlossen. Stallman selbst schrieb über Bushnell früher, er sei Hauptentwickler des Kernels.

Laut einem Posting von Bushnell, das LWN zitiert, entzündet sich der Streit an einer Dokumentations-Lizenz, die Bushnell nicht mehr als freie Lizenz ansieht. Nach der GFDL (GNU Free Documentation License) könne es Sektionen in Dokumenten geben, die nicht verändert oder gelöscht werden dürften, außerdem sei das Format, in dem Dokumentationen vorlägen, unter Umständen nicht mehr frei wählbar. Dies mache es beispielsweise dem Debian-Projekt unmöglich, Manuals unter der GFDL zu nutzen, meint Bushnell.

Bushnell wurde nach seinen eigenen Angaben von Stallman als Maintainer ausgeschlossen, da er sich öffentlich gegen die GFDL ausgesprochen habe. Ein GNU-Maintainer müsse die GNU-Vorgehensweisen unterstützen, meint Stallman -- im Unterschied zu einem reinen Entwickler müsse ein Maintainer das Projekt in der Öffentlichkeit repräsentieren, betonen auch einzelne Unterstützer des GNU-Projekts im Diskussionsforum auf LWN. Dem steht allerdings entgegen, dass sich wohl auch andere GNU-Maintainer gegen die GFDL ausgesprochen haben.

Eine Stellungnahme von Stallman selbst oder dem GNU-Projekt steht bislang noch aus. Das GNU-Projekt feierte Ende September erst sein 20-jähriges Bestehen; nun gibt sich Bushnell pessimistisch, dass es solche Vorgehensweisen überleben könne, auch wenn Open-Source-Software weiter gedeihen werde.

GNU/Hurd kann bereits ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblicken: Das Release der Version 1.0 steht seit mehreren Jahren "unmittelbar bevor". Schon die Gründung des Projekts "GNU's Not Unix" erfolgte mit dem Ziel, ein komplettes Unix-ähnliches, freies Betriebssystem zu entwickeln. Spätestens seit 1990 stand fest, dass der Kern auf einem Mach-Microkernel beruhen soll, den zusätzliche Server-Prozesse -- eine "Herde von Gnus" -- zu einem vollständigen Betriebssystem ergänzen. Stallman ignorierte dabei das freie Betriebssystem Linux jahrelang und hielt an Hurd als dem eigentlichen GNU-Betriebssystem fest. Erst als sich der Erfolg von Linux nicht mehr leugnen ließ, änderte er seine Position und prägte 1997 den Begriff GNU/Linux, der den Anteil des GNU-Projekts an einem benutzbaren, freien Betriebssystem dokumentieren sollte. (jk)