Meinungsumschwung bei Nacktscannern [Update]

Die Ablehnungsfront bei deutschen Politikern bröckelt. Verbesserte Technik der Nacktscanner soll die Intimsphäre besser wahren.

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Von
  • Andreas Stiller

Stand vor wenigen Tagen noch in den Parteien eine breite Ablehnungsfront zum Thema Nacktscanner, so bröckelt diese zumindest in den Regierungsparteien so langsam ab. Mit den Ganzkörperscannern lassen sich Personen bis auf die Haut durchleuchten. Beispielsweise Geräte, die am Göteborger Flughafen zum Einsatz kommen , arbeiten rein passiv mit der allgegenwärtigen Strahlung im Millimeterbereich: Durch Auswertung der verschiedenen Reflexions- und Absorptionseigenschaften von Kleidung, Gegenständen und menschlichem Gewebe lassen sich Körperkonturen sichtbar machen. Backscatter-Röntgentechnik wiederum nutzt die Compton-Streuung normaler Röntgenstrahlen an Oberflächen. Auch mittels Terahertz-Strahlung lässt sich eine Person bis unter die Kleidung durchleuchten.

Nach Informationen der "Rheinischen Post" sind führende Politiker von Union und FDP nun bereit, ihren Widerstand aufzugeben, sofern die Persönlichkeitsrechte von Flugpassagieren bei der Durchleuchtung gewahrt bleiben. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte, er halte es für "durchaus möglich, die Vorkehrungen so zu treffen, dass die Intimsphäre gewahrt bleibt". Schon seit einem Jahr testet die Bundespolizei die Nacktscan-Technik. Die Anzeige der Geräte könnte so modifiziert werden, dass der Schutz der Intimsphäre stärker berücksichtigt wird.

Auch die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gisela Piltz betonte gegenüber der RP, dass sich die bisherige Ablehnung ihrer Partei auf die erste Generation der Geräte bezogen habe. "Wenn die Würde des Menschen gewahrt wird, müssen wir zur Sicherheit der Passagiere auch in solche Systeme investieren", sagte Piltz.

Demgegenüber äußerte sich des Leiters des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert kritisch. Weichert, der den Grünen angehört, gilt bundesweit als einer der profiliertesten Datenschützer. Ein flächendeckender Einsatz von Nacktscannern bei Kontrollen an Flughäfen wäre nach seiner Auffassung unverhältnismäßig. Die Forderung nach dieser Art der Untersuchung von Flugpassagieren gehe in die falsche Richtung. Der Sicherheitsgewinn sei minimal, kritisierte Weichert am Dienstag in Kiel. Das sichere Erkennen von Sprengmitteln sei damit nicht möglich. Es werde aber massiv in das Persönlichkeitsrecht aller gescannten Flugpassagiere eingegriffen.

Größere Lücken scheint es ohnehin offenbar bei den normalen Kontrollen zu geben. So soll der Attentäter Umar Abdulmutallab amerikanischen Presseberichten zufolge ohne gültigen Pass an Bord gewesen sein.

[Update]

Während bei den deutschen Regierungsparteien die breite Ablehnungsfront bröckelt, geht Holland einen Schritt weiter: Der Amsterdamer Flughafen Schiphol will nach Medienberichten bei Flügen in die USA künftig Ganzkörperscanner nutzen. Hollands Innenministerin Guusje ter Horst hat den Berichten zufolge am heutigen Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Den Haag mitgeteilt, dass die Durchleuchtung bereits in den kommenden drei Wochen zum Einsatz kommen wird.

(as)