Bundespolizei und Union machen Dampf bei Nacktscannern

Noch in diesem Monat wollen die Grenzschützer im Innenministerium einen Ganzkörper-Scanner der zweiten Generation vorstellen, der Intimbereiche von Flugpassagiere pixele. Unionspolitiker sehen entsprechende Geräte schon 2010 im Einsatz.

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Geht es nach deutschen Gesetzeshütern und der Union, sollen die umstrittenen Nacktscanner an Flughäfen schon in diesem Jahr hierzulande in Betrieb gehen. Die Bundespolizei will noch im Januar dem Bundesinnenministerium ein Gerät der zweiten Generation vorstellen, das Intimbereiche von Flugpassagiere unkenntlich machen könne und so die Privatsphäre der Reisenden besser schütze, schreibt der Focus laut Vorabmeldung in seiner Ausgabe vom Montag. Bei dem neuen Ganzkörper-Scanner, der an der Bundespolizeiakademie in Lübeck entwickelt worden sei, sollten Persönlichkeitsrechte und gesundheitliche Aspekte stärker berücksichtigt werden. Der Präsident der Bundespolizei, Matthias Segert, rechne auch mit einem "Mehrwert an Luftsicherheit".

Diese Ansicht ist in Strafverfolgungskreisen aber umstritten. Skeptisch betrachtet etwa der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Klaus Jansen, den Nutzen von Nacktscannern. Er warnte im Deutschlandfunk: "Wir müssen sehen, dass wir hier nicht einer technischen Lösung aufsitzen, die eine trügerische Ruhe verbreitet". Im August sei ein Anschlag auf den stellvertretenden Innenminister Saudi-Arabiens verübt worden, bei dem der Attentäter den Sprengstoff im Körper getragen habe. Zudem sei fraglich, ob bei dem versuchten Flugzeugattentat von Detroit der in die Unterhose des Täters eingenähte Sprengsatz von einem Scanner erkannt worden wäre. Es sei der falsche Ansatz, sich nur auf die Technik zu verlassen, betonte Jansen. Maschinen und Computer könnten keinen Verdacht schöpfen. Den US-Behörden hätten alle notwendigen Informationen vorgelegen, um den Mann nicht an Bord zu lassen.

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sprach sich dagegen für die Technik aus. Sie sei wichtig, um nachgewiesene "Mängel bei den Sicherheitskontrollen an unseren Flughäfen" zu beheben. Nacktscanner verletzen die Menschrechte laut dem Ermittler nicht. Sie müssten den Menschen schlicht vorgeführt und erläutert werden, "damit sie erkennen können, dass sie eben akzeptabel sind".

Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags, rechnet mit einer schnellen Einführung der Geräte: "Nach meiner Einschätzung werden wir in einem halben Jahr mit Testversuchen auf deutschen Flughäfen beginnen können", sagte der CDU-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er sei zuversichtlich, dass die Pilotprojekte zeigen würden, dass die Persönlichkeitsrechte der Passagiere gewahrt blieben. Wenn alles glatt laufe, könnte einige Monate später der Normalbetrieb starten. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), machte ebenfalls Druck. In Zeiten des Massentourismus kann man ihm zufolge auf Körperscanner nicht verzichten, "um Terroristen aus dem Strom der Fluggäste schnell herauszufischen".

Bundesinnenminister Thomas de Maizière will nach Unionsangaben Ende Januar im Innenausschuss mit Experten des Parlaments beraten, welche Maßnahmen generell für mehr Flugsicherheit zu ergreifen seien. Dabei solle auch ein Auge auf Duty-Free-Shops geworfen werden. Der CDU-Minister hatte kürzlich erklärt, er befürwortete den Einsatz von Nacktscannern für den Fall, dass sie die Persönlichkeitsrechte der Passagiere "vollumfänglich wahren" und gesundheitlich unbedenklich seien. FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich gegenüber dem Focus abwartend: "Wenn es jetzt bei Körperscannern technische Neuerungen gibt, die den Schutz der Intimsphäre gewährleisten, werden wir uns das genau ansehen." Neben Datenschützern hatten zuletzt Gesundheitsexperten Bedenken gegen den Einsatz der Durchleuchtungsmaschinen an Flughäfen erhoben. Aus Sicht des Vorsitzenden der Strahlenschutzkommission, Rolf Michel, könnte die Röntgenstrahlung der damit arbeitenden Scanner gerade bei Vielfliegern Krebs oder Leukämie erzeugen.

Über gesundheitliche Auswirkungen aktiver Scanner, die Terahertz-Wellen aussenden, gibt es bisher nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen. Aktive Terahertz-Scanner werden nach Einschätzung des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) den geltenden ICNIRP-Expositionsgrenzwert von 10 Watt/m2 deutlich unterschreiten und sollten damit akzeptabel sein. Dennoch empfiehlt das BfS den Einsatz passiver Terahertz-Scanner. Forschungsergebnisse des BfS zu aktiven Scannern sollen Ende 2010 vorliegen. (ea)