Atompolitik sorgt auch 2010 für Zündstoff

In der Atompolitik werden 2010 wichtige Weichen gestellt. Die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung entfachten in den vergangenen Monaten lautstarken Protest der Anti-Atom-Initiativen, die neue Aktionen vorbereiten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 290 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Wendel
  • dpa

In der Atompolitik werden 2010 wichtige Weichen gestellt. Dem neuen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) steht kein leichtes Jahr bevor – die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung entfachten in den vergangenen Monaten lautstarken Protest der Anti-Atom-Initiativen, die neue Aktionen vorbereiten. Der mögliche Endlager-Standort Gorleben und das marode Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel dürften den Streit nicht nur in Niedersachsen wieder anheizen.

Für Konfliktstoff werden vor allem Verhandlungen Röttgens mit den Atomkraftwerk-Betreibern sorgen, die ihre Meiler länger am Netz lassen wollen. Eine Atempause wird es in der Atompolitik bis Ende des Jahres kaum geben: Im Herbst wird – wohl wieder begleitet von massiven Protesten – ein Castor-Transport mit hochradioaktivem Müll aus deutschen Atomkraftwerken im Zwischenlager Gorleben erwartet. Zunächst aber wird sich der Bundestag voraussichtlich in einem Untersuchungsausschuss mit der schwierigen Suche nach einem Endlager beschäftigen. Die Opposition aus SPD, Linken und Grünen will mit Hilfe von Zeugenbefragungen klären, ob die frühere schwarz-gelbe Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) in den 80er-Jahren die Auswahl des Standorts Gorleben einseitig beeinflusst hat.

Union und FDP haben den Ort im dünn besiedelten niedersächsischen Wendland als Endlager-Standort für hoch radioaktivem Müll weiter im Visier. Der unter Rot-Grün vereinbarte Erkundungsstopp (Moratorium) für das Erkundungsbergwerk dort soll 2010 nach dem Willen der Regierungskoalition "unverzüglich" aufgehoben werden. Das für den Salzstock zuständige Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter zeigt sich dazu nicht besonders auskunftsfreudig. Für die zügige Wiederaufnahme der Erkundungen unter Tage werden derzeit notwendige Arbeiten organisiert, teilt die Behörde mit.

Die Atomkraftgegner jedenfalls wollen auch nach 30 Jahren Widerstand keine Ruhe geben. Schwarz-Gelb werde "der Kampf angesagt", auch 2010 gebe es für Anti-Atom-Aktivisten einen vollen Terminkalender, kündigte die Bürgerinitiative im Wendland an. Die Opposition im Bundestag fordert seit Langem die Suche nach alternativen Endlager-Standorten etwa in Bayern und Baden-Württemberg – was Union und FDP aber ablehnen.

Der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel rechnet damit, dass sich eine Aufhebung des Gorleben-Moratoriums durch die Arbeit des Bundestags-Untersuchungsausschusses zumindest verzögern könnte. "Solange der Ausschuss läuft, können die sowieso nichts machen", sagt er. Dagegen geht der CDU-Landtagsabgeordnete Karl-Heinrich Langspecht davon aus, dass sich die Bundesregierung noch im ersten Vierteljahr mit dem Salzstock Gorleben befassen wird. Probleme könnten fehlende Salzrechte zur Erkundung bereiten.

Außerdem steht 2010 die Entscheidung darüber an, wie das einsturzgefährdete Atommülllager Asse – es enthält 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall – geschlossen werden soll. Noch im Januar will das Bundesamt für Strahlenschutz einen Vorschlag machen, welche der drei Möglichkeiten zur Stilllegung der Schachtanlage die beste ist. Langwierige Debatten mit Anwohnern und Umweltschützern sind programmiert. Zugleich wird der Asse-Untersuchungsausschuss im niedersächsischen Landtag mindestens noch bis zum Sommer weitere Zeugen vernehmen: Der frühere Landesumweltminister Wolfgang Jüttner (SPD) und Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) sind im Januar eingeplant. Auch die einstigen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Jürgen Trittin (Grüne) sollen vor dem Ausschuss in Hannover aussagen. Wer politisch für die Pannen im Umgang mit den radioaktiven Abfällen verantwortlich ist, wird angesichts der unterschiedlichen Zuständigkeiten kaum zu klären sein – davon geht auch die SPD- Opposition im Landtag von Hannover aus. (jk)