Fassade liefert Wärme für Wärmepumpen

Neue Fassaden-Elemente sollen Erdsonden und Luft-Wärmetauscher für Wärmepumpen überflüssig machen.

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Waermepumpe

Wärmepumpe vor einem Einfamilienreihenhaus in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 3 Min.

Wer eine Wärmepumpe betreiben will, braucht eine Wärmequelle. Und die braucht meist Platz – sei es für die Bohrung einer Erdsonde, sei es zum Aufstellen eines Luft-Wärmetauschers, sei es für kombinierte PV-Solarthermie-Module auf dem Dach oder gar für ein Pferdemist-Silo. Vor allem bei Etagenwohnungen ist das ein Problem. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat nun eine weitere Wä rmequelle ins Spiel gebracht: die Fassade.

Im Rahmen des Forschungsprojekts Tabsolar III hat es mit seinen Partnern Wärmetauscher aus Ultrahochleistungsbeton entwickelt. Sie sind von Kanälen durchzogen, die ein Algorithmus nach Vorbild der Natur designt hat, mit "mehrfach verzweigten, 'fraktalen' Strukturen wie Blutbahnen oder Blättern", wie das Fraunhofer ISE schreibt. In ihnen zirkuliert eine Flüssigkeit, die ihre Wärme an das Heizungssystem abgibt. "Mit diesem Verfahren können nahezu beliebige Formen mit einem gleichmäßig durchströmten Kanalnetzwerk versehen werden", informieren die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher. "Gleichzeitig haben sie den technischen Vorteil, dass sie zu einer gleichmäßigen Durchströmung bei geringem Energieaufwand für die Pumpe führen."

Für die Fassadenelemente mussten die Forschenden verschiedene, einander teilweise widersprechende Ziele unter einen Hut bringen. Größere Module sind beispielsweise effizienter, allerdings auch unhandlicher. Schließlich entschieden sich die Forschenden für eine Größe von je 1,75 Quadratmetern.

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Die Module gibt es in zwei Varianten. Die eine ist verglast und mit einer Beschichtung versehen, die einen großen Anteil des Sonnenlichts absorbiert, aber nur wenig langwellige Infrarot-Wärmestrahlung wieder abgibt. Dieser Treibhauseffekt liefert ausreichend hohe Temperaturen, um die Warmwasser-Erzeugung oder die Heizung direkt zu unterstützen.

Rückseite eines TABSOLAR-Elements mit bionischer FracTherm-Kanalstruktur, seitlichen Sammelkanälen und Hydraulikanschlussbuchsen (oben) sowie Schnitt durch ein TABSOLAR-Element (unterer Bildteil).

(Bild: © G.tecz Engineering GmbH)

Die Variante ohne Glas gibt es in verschiedenen Farben und Oberflächen. Dadurch lässt sie sich optisch unauffälliger in eine Fassade integrieren. Allerdings liefert sie auch weniger hohe Temperaturen, die noch durch eine Wärmepumpe auf das nötige Niveau angehoben werden müssen. "Unseren Simulationen zufolge können die verfügbaren Fassadenflächen bei Neubauten oder sanierten Bestandsgebäuden für diesen Zweck ausreichen", sagt Michael Hermann vom Fraunhofer ISE, Koordinator des Projekts. Mit anderen Worten: Die Wärmepumpen benötigen keine andere Wärmequelle mehr.

Die derzeitigen Elemente sind für "vorgehängte hinterlüftete Fassaden" vorgesehen. "Perspektivisch sind sie jedoch auch in Wärmedämmverbundsystemen oder Sandwich-Wandaufbauten vorstellbar", erklärt das Fraunhofer-Institut. Die Module sollen nun bei einem Zweifamilienhaus in Kassel getestet werden.

Ein anderes Forschungsprojekt der Fraunhofer-Institute für Bauphysik (IBP) und für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) geht noch einen Schritt weiter: Es will gleich die gesamte Wärmepumpe mit PV-Modul und Lüftungstechnik in die Fassade integrieren.

(grh)