Landesdatenschützer: Videoüberwachung nimmt immer mehr zu

Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter Peter Zimmermann betonte heute, auch die Polizei dürfe die Videoüberwachung nur unter bestimmten Voraussetzungen einsetzen.

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  • dpa

Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter Peter Zimmermann hat die zunehmende Überwachung der Menschen durch Videokameras kritisiert. Diese technische Möglichkeit werde mehr und mehr von öffentlichen Einrichtungen, aber auch von Privatunternehmen genutzt, häufig ohne dabei auf die engen Grenzen des Datenschutzes zu achten, sagte Zimmermann bei der Vorlage seines neuen Tätigkeitsberichtes in Stuttgart.

Er betonte, auch die Polizei dürfe die Videoüberwachung nur unter bestimmten Voraussetzungen einsetzen. Als Beispiel für eine "verunglückte Aktion" nannte er die Stadt Singen, die Anfang Juni dieses Jahres die Polizei zur Überwachung zweier Straßen mit Videokameras angewiesen hatte. Weshalb es sich dabei um einen Kriminalitätsschwerpunkt handeln sollte, konnte die Stadt nicht darlegen. Trotz Zimmermanns Intervention wurde die Beobachtung bis Mitte Oktober fortgeführt.

Auch Kameras in Sammelumkleideräumen eines Freiburger Hallenbades, in Patientenzimmern im Städtischen Krankenhaus von Sindelfingen oder in der Bücherei der Universität Konstanz hätten mit dem Datenschutz nicht in Einklang gestanden. Sie waren zur Vermeidung von Diebstählen eingesetzt worden.

Ein weiterer Schwerpunkt in Zimmermanns Bericht ist der Eingriff in Persönlichkeitsrechte bei der Rasterfahndung nach islamistischen Terroristen nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Sie habe in keinem Verhältnis zum Erfolg gestanden. Bei der bundesweiten Aktion waren in Baden-Württemberg vom Frühjahr 2002 an die Daten von 1,8 Millionen Menschen überprüft worden. Dabei wurden so genannte Schläfer gesucht, die unauffällig leben, um auf ein Signal hin einen Anschlag zu verüben. Verdächtige wurden im Südwesten jedoch nicht gefunden.

Zimmermann erklärte, zwar seien inzwischen die gesammelten Daten wieder vernichtet worden. Dennoch sei es fraglich, "ob die Ausgangshypothesen der Rasterfahndung tatsächlich ausreichend fundiert waren". Immerhin habe sich trotz der Bedrohungslage die Rasterfahndung ohne Ergebnis insgesamt über zwei Jahre hingezogen.

In seinem Bericht listet Zimmermann zahlreiche andere Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen auf. Dazu gehört die Suche nach Studenten, die BAföG-Gelder bekamen, obwohl sie über ein größeres Vermögen verfügten. Es sei zwar berechtigt, dies durch einen Datenabgleich aufzudecken. Die beteiligten Stellen müssten dafür aber entsprechende Vereinbarungen schließen, um auf rechtlich sicherer Grundlage zu handeln. Nach Angaben des Wissenschaftsministeriums wurden bis Oktober in 1800 Fällen eine unberechtigte Inanspruchnahme von Ausbildungsförderung in Höhe von 8,7 Millionen Euro aufgedeckt.

Weitere Kritikpunkte Zimmermanns sind die unberechtigte Weitergabe der Details von Bauvorhaben an so genannte Bürgervereine durch die Stadt Freiburg, die zunehmende Speicherung von DNA-Analysen sowie Mängel bei der Verarbeitung von Daten in der Sozialversicherung.

Der Datenschutzbeauftragte listet aber auch einzelne Beispiele vorbildlicher Zusammenarbeit mit seiner Dienststelle auf. Dazu gehöre die Einführung des neuen Lagebildinformationssystems (LABIS) der Polizei oder die Übernahme seiner Anregungen für die Dateneingabe in das elektronische Grundbuch durch ein Unternehmen in Rumänien. Zuspruch für seine Arbeit bekam Zimmermann von allen Landtagsparteien. Die CDU verteidigte allerdings die Rasterfahndung als sinnvoll und notwendig, während der Koalitionspartner FDP dafür engere Kriterien forderte. (dpa) / (anw)