WSIS: Behindertenverbände forden Universal Access

Nur durch zähe Lobbyarbeit haben die Behindertenverbände einige Punkte in der Genfer Deklaration und im Aktionsplan durchgeboxen können.

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Von
  • Monika Ermert

"Universal Access darf nicht nur als ökonomisch und geographisch verstanden werden. Politiker und Gesellschaft müssen diesen Zugang auch in anderen Dimensionen denken, physisch, sinnlich und sogar mental", mit dieser Mahnung wandten sich Behindertenverbände am Freitag an den im e-Gov, e-Biz und e-Health schwelgenden Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS). Einen Tag lang diskutierten über 100 Behinderte aus aller Welt, die auf Einladung des Schweizer Behindertenverbandes nach Genf gekommen waren, übers barrierefreie Web, Open Source und Hardware für Menschen mit verschiedenen Behinderungen.

Durch zähe Lobbyarbeit haben die Behindertenverbände einige Punkte in der Genfer Deklaration und im Aktionsplan durchgeboxt. "Mit der Unterstützung der Regierungsdelegationen von Thailand, Neuseeland, Südafrika, Mexiko und Kanada konnten wir erreichen, dass unsere Vorschläge wieder aufgenommen wurden, nachdem sie im Sommer gestrichen worden waren," sagte der Monthian Buntan, Vorsitzender des Thailändischen Blindenverbandes. In den Paragraphen 13 und 30 der Genfer Erklärung zur Informationsgesellschaft und auch im Aktionsplan finden sich nun die Forderung, die Bedürfnisse behinderter Menschen besonders zu berücksichtigen.

Darum hat man sich bei der Gipfelvorbereitung allerdings wenig Gedanken gemacht. Bei den tausenden von Textseiten, um die in Genf in den letzten Monaten gestritten wurden, hat man beispielsweise kaum an Sehbehinderte gedacht. In ihrer eigenen Erklärung zum Gipfel forderten die Behinderten daher, "dass der Inhalt von Information und Kommunikation sowie die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), die bei der Gestaltung der Informationsgesellschaft eine entscheidende Rolle spielen, allen, also auch behinderten Menschen auf der Grundlage des Prinzips universell geltender Gestaltungskriterien (Universal Design) und unter Nutzung unterstützend eingesetzter Technologien zugänglich gemacht werden müssen."

Entsprechende Standards stellen nach Aussage von Georg Kerschner von Digital accessible information System ([www.daisy.org Daisy]) und Judie Brewer vom [www.w3c.org W3C] dar. "Es geht uns dabei nicht um spezielle Seiten im Web, wir wollen, dass alle Seiten für Menschen mit Behinderungen zugänglich werden," sagte Brewer. Bereits seit Ende der 90er Jahre gibt es einen W3C-Standard fürs barrierefreie Web. Das Ziel von Daisy ist die Verbreitung eines Hörbuch-Standards, bei dem man im übrigen konsequent auf Open Source Entwicklung setze, so Kerschner.

Wie weit man von der integrativen Informationsgesellschaft noch entfernt ist, zeigte auch das mangelnde Interesse an der Pressekonferenz des Weltbehinderten-Gipfels. Diese fand vor praktisch leerem Saal statt. Gleichzeitig erinnerte Abdul Khaliq Zazai, UN-Freiwilliger aus Kabul in Afghanistan daran, dass Behinderte in der westlichen Welt bereits jetzt auf Verbesserungen hoffen dürfen. Ihre Regierungen haben bereits Gesetze - oder wie in Deutschland Verordnungen - zur Barrierefreiheit im Web verabschiedet oder arbeiten daran. In der Schweiz tritt ein solches Gesetz beispielsweise im Januar in Kraft. "Doch in Afghanistan haben Behinderte überhaupt keine Ansprüche." (Monika Ermert) / (tol)