EU-Kommissar bestätigt: Twitter verlässt Verhaltenskodex gegen Desinformation

Ein freiwilliger EU-Kodex für Plattformen soll Fake News bekämpfen. Twitter macht da nicht mehr mit, bestätigt ein EU-Kommissar – und warnt vor den Folgen.

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(Bild: Ascannio/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission hat bestätigt, dass der Kurznachrichtendienst Twitter aus dem EU-Abkommen gegen die Verbreitung von Falschinformationen austritt. Der EU-Kommissar für den Binnenmarkt Thierry Breton twitterte, das Unternehmen verlasse den freiwilligen EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation. Und er äußerte sich auch gleich kritisch zu der Entscheidung: Die Verpflichtung auf die Ziele des Kodex bleibe bestehen und man könne sich nicht verstecken. In Kürze werde der Kampf gegen Desinformation zur gesetzlichen Vorgabe, wenn ab dem 25. August das EU-Gesetz zu digitalen Diensten (Digital Services Act, DSA) in Kraft trete. "Unsere Teams sind auf die Durchsetzung vorbereitet", schreibt Breton weiter.

Zuvor hatte es schon Presseberichte über Twitters Absicht gegeben. Demnach wird der freiwillige Kodex von großen Online-Plattformen wie Google, Meta, Microsoft und TikTok weitgehend befolgt und die Firmen legen zudem transparent dar, welche Inhalte sie unterbinden. Twitter ist eigentlich auch dabei, erfüllt aber offenbar die Transparenz-Vorgaben nur unzureichend. Im Februar hatte die EU-Kommission Berichte darüber veröffentlicht, wie Online-Plattformen die Regeln des freiwilligen EU-Verhaltenskodexes umsetzen. Der Bericht von Twitter sei hinter den anderen zurückgeblieben, stellte die Brüsseler Behörde damals fest. Die Plattformen zeigten in ihren Berichten unter anderem, wie viele Fake-Accounts erstellt und genutzt wurden oder wie sich Faktenchecks auf die Verbreitung von Desinformationen auswirkten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte das Vorgehen von Twitter verantwortungslos. "Desinformation, Lügen und Propaganda befeuern Hass und sind Gift für die Demokratie", schrieb die SPD-Politikerin am Samstag auf Twitter. Es sei gut, dass es in Kürze striktere EU-Regeln gebe. "Unser Recht gilt für alle Plattformen, wir werden es durchsetzen."

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Auch Digitalminister Volker Wissing drohte mit Konsequenzen. "Twitter sollte sich seiner besonderen Verantwortung im Umgang mit Desinformationen bewusst werden und sein Engagement eher stärken als sich zurückzuziehen", sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Andernfalls werden wir im Zusammenhang mit dem Digital Services Act über verpflichtende Maßnahmen sprechen müssen."

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Das Gesetz über Digitale Dienste soll außerdem sicherstellen, dass Plattformen illegale Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen. Die Vorgaben gelten ab Mitte Februar 2024 in der gesamten EU – für besonders große Plattformen schon früher. Breton hatte Ende November gesagt, Twitter müsse seine Anstrengungen zur Einhaltung von EU-Recht verstärken. Das soziale Netzwerk müsse transparente Nutzerrichtlinien einführen, Inhalte deutlich stärker moderieren, die Meinungsfreiheit schützen und entschlossen gegen Desinformation vorgehen.

Twitter-Chef Elon Musk hatte stets betont, die aus seiner Sicht zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit auf der Plattform zu beseitigen. Vor gut zwei Wochen hatte der Tech-Milliardär angekündigt, den Chefposten bei Twitter nach einem chaotischen halben Jahr in die Hand der Werbe-Expertin Linda Yaccarino zu legen.

(tiw)