Kleinanzeigen, Vinted, Ebay und Co: Betrug mit gekaperten Konten

Aktuell gibt es eine Welle von Betrugsfällen auf Gebrauchtwaren-Plattformen. Die Kriminellen nutzen dafür echte Konten – das macht sie ziemlich erfolgreich.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 74 Kommentare lesen

Zwei Kinderwagen des Modells, das es oft als Fake-Angebot gibt.

(Bild: emw)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Kinderwagen zu einem guten Preis, als Neuware recht teure Stapelsteine: Bei beliebten Second-Hand-Schnäppchen und Markenprodukten auf Kleinanzeigen, Vinted, Ebay und anderen Plattformen muss man derzeit besonders vorsichtig sein. Es gibt eine Reihe Betrugsfälle, die offensichtlich leider auch oft erfolgreich sind – für die Betrüger. Diese haben sich einige ganz konkrete Produkte ausgewählt und nutzen dafür echte Konten mit falschen beziehungsweise eigenen Paypal-Konten. Doch gekaufte Waren kommen nie an, Konten werden von den Plattformen gesperrt und Nutzer versuchen, andere zu warnen. Auch Kleinanzeigen bestätigt, dass es immer wieder zu Vorfällen und Beschwerden kommt.

Bei Vinted machen Verkäufer auf den Betrug aufmerksam.

(Bild: emw)

Zu den Produkten gehören etwa Stapelsteine für kleine Kinder. Neupreis: Rund 200 Euro. Bei den Kinderwagen handelt es sich anscheinend ausschließlich um die Marken Yoyo von Babyzen und Bugaboo. Wenig überraschend, es sind besonders teure Modelle. So wird beispielsweise der Yoyo2 für knapp unter 200 Euro angeboten, bei einem Neupreis von etwa 400 Euro. Und weil es von diesen Angeboten nicht nur eines gibt, sondern gleich mehrere, wirkt es besonders echt und als sei es der normale Gebrauchtwarenpreis. Die Betrüger wechseln die Produkte nach Aktualität und Nachfrage, es können also auch Spielkonsolen, Spiele und vieles mehr sein.

Nun überweist wahrscheinlich kaum jemand 200 Euro an einen Neuling auf den Plattformen, sondern schaut sich zumindest das Profil an. Doch auch da sind die Betrüger schlau: Sie nutzen bestehende Konten, die deshalb auch entsprechend sicher wirken, samt guter Bewertungen, völlig unscheinbarer Profilfotos und günstiger, anderer Gebrauchtwaren. Die Konten dürften aber kompromittiert sein. Woher genau die Betrüger die Passwörter haben, ist unbekannt. Es könnte sich beispielsweise um Credential Stuffing handeln, also mehrfach genutzte, gleiche Passwörter, die anderswo erbeutet wurden. Ein Sprecher von Kleinanzeigen sagt, dass es zahlreiche Beschwerden an den Kundenservice gäbe – sowohl von Betrugsopfern als auch den eigentlichen Kontoinhabern. Denn leider würden die gleichen Anmeldedaten allzu oft auf verschiedenen Plattformen genutzt.

Tatsächlich tauchte vor einigen Jahren eine Liste mit E-Mail-Adressen und Passwörtern zu einer knappen Million deutscher Konten von Kleiderkreisel auf – wie Vinted vormals hieß. Vinted beteuerte damals, dass niemand deren Infrastruktur kompromittiert hatte. Alle betroffenen Nutzerinnen und Nutzer wurden informiert. Es liegt nahe, dass zahlreiche dieser Passwörter noch immer nicht geändert wurden und deshalb nun für den Betrug genutzt werden. Aber auch neue Listen mit Zugangsdaten können im Umlauf sein.

Nutzt man die sicheren Bezahlfunktionen, die sowohl Kleinanzeigen als auch Vinted anbieten, lässt sich das Geld darüber leicht zurückbuchen. Tatsächlich wollen die Betrüger aber freilich das Geld per Überweisung oder noch lieber über die Paypal Freunde-Funktion bekommen, die eigentlich keine Möglichkeit bietet, eine Transaktion rückgängig zu machen. Da bei diesem Weg auch keine Gebühren anfallen, wird sie am häufigsten für solche Online-Käufe genutzt. Weder die Kommunikation über den Kauf im Chat noch die genutzten E-Mail-Adressen lassen aufhorchen.

Was also tun, wenn man das Geld per Freunde-Funktion verschickt hat und keine Ware bekommt? Man kann die Buchung dennoch über die eigene Bank, die mit dem Paypal-Konto verknüpft ist, zurückholen. Allerdings muss man daraufhin mit einem Schreiben von Paypal rechnen. Darin wird nach den Gründen gefragt. Bei der Angabe, einem Betrug aufgesessen zu sein, keine Ware erhalten und Anzeige erstattet zu haben, kann man mit Einsicht rechnen. Allerdings sollte man eben auch wirklich Anzeige erstatten. Am besten ist es, hat man noch Screenshots von der Kommunikation mit dem Betrüger. Paypal bietet in der Regel der Gegenseite eine gewisse Zeit zur Stellungnahme an. Ob die Betrüger darauf reagieren, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber doch unwahrscheinlich.

Update

Wir haben die Bestätigung eines Kleinanzeigen-Sprechers ergänzt.

(emw)