US-Gesetzesentwurf zu globaler Netzfreiheit wiederbelebt

Nach dem angedrohten Rückzug von Google aus China hat der republikanische US-Abgeordnete Chris Smith die rasche Verabschiedung des von ihm eingebrachten Global Online Freedom Act gefordert.

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Nach dem angedrohten Rückzug von Google aus China hat der US-Abgeordnete Chris Smith die rasche Verabschiedung eines von ihm ins Repräsentantenhaus eingebrachten Gesetzesentwurfs gegen Internetzensur gefordert. Der sogenannte Global Online Freedom Act sei nötig, da ohne diesen US-Firmen "unausweichlich der Zensur und der Überwachung repressiver Regierungen stärker nachkommen müssten". Googles chinesische Wende habe gezeigt, dass die Situation zu ernst sei, um das Gesetz durch einige "Hobbyisten" aufhalten zu lassen.

Das Gesetz würde es US-Unternehmen unter anderem verbieten, mit Regierungen zu kooperieren, die ihren Bürgern den freien Zugang zum Internet verweigern. Provider, die im Ausland oder in den USA behilflich sind, Internetangebote der US-Regierung oder von ihr geförderte Seiten zu blockieren, sollen mit Geldstrafen von bis zu zwei Millionen US-Dollar belangt werden können. Zudem soll es US-Firmen untersagt werden, ausländische Behörden mit personenbezogenen Informationen zu versorgen, die Rückschlüsse auf die Identität eines Internetnutzers ermöglichen. Nur im Rahmen rechtmäßiger Strafverfolgungsbegehren oder bei der drohenden Verletzung "nationaler Interessen der USA" sollen Ausnahmen gelten.

Im US-Außenministerium soll zudem ein Office of Global Internet Freedom eingerichtet werden, das als eine Art Sammelstelle für Klagen über Internetzensur fungiert. Das Weiße Haus wird gemäß dem Entwurf verpflichtet, sich für internationale Abkommen einzusetzen, die den freien Zugang zum Internet und eine ungehinderte Nutzung von Webseiten der US-Regierung garantieren. Ein ähnliches Vorhaben gibt es seit 2008 auch auf EU-Ebene.

Der 2007 erstmals in der Abgeordnetenkammer behandelte und auch von Demokraten unterstützte US-Entwurf ist bislang noch nicht weit gekommen im Gesetzgebungsverfahren. Nach mehreren Anhörungen und Konsultationen dazu sei es nun an der Zeit, es im Plenum des Repräsentantenhauses zu behandeln, meinte Smith Ende vergangener Woche. Er verwies zugleich auf die Unterstützung des Vorhabens durch zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen wie Reporter ohne Grenzen. "Bitte lassen Sie amerikanische Internetfirmen nicht böse werden, indem Sie ihnen die Mittel zum Kampf gegen chinesische Restriktionen verweigern", appellierte eine Sprecherin der sich für die Pressefreiheit stark machenden Vereinigung unter Anspielung auf Googles Firmenmotto "Don't be evil" an die Politik.

Im Hintergrund tobt derweil eine rhetorische Schlacht zwischen China und den USA rund um Zensur sowie Meinungs- und Wirtschaftsfreiheit. So bezeichnet der in Japan sitzende Forscher Philip Cunningham den Anspruch des Suchmaschinenprimus im regierungsnahen Blatt "China Daily" als "scheinheilig". Google sammle unzählige Daten über seine Nutzer und könne so ausgefeilte personenbezogene Profile erstellen, mokiert sich der Medienprofessor über den von seinen Gründern erschaffenen "Frankenstein". In weiteren Artikeln der Zeitung wird darauf verwiesen, dass der Internetkonzern im Reich der Mitte wirtschaftlich keinen Fuß gefasst habe und daher den theoretisch großen Markt mit dem Knall des Stopps der Zensur des eigenen Angebots gemäß den chinesischen Regierungsvorgaben mehr oder weniger freiwillig aufgeben wolle.

Im Gegenzug wirft das US-Diplomatenmagazin "Foreign Policy" Peking vor, mit dem aufgezogenen großen virtuellen Schutzwall rund um das chinesische Intranet einen "Protektionismus mit der Firewall" zu betreiben. Google sei genauso wie Yahoo und andere große internationale Internetfirmen durch die Auflagen der chinesischen Regierung "systematisch aus dem Markt getrieben worden". So würden Angebote wie Facebook, Flickr, Bloggerdienste oder YouTube in China immer wieder blockiert, während die einheimische Konkurrenz "mit ausländischer Technologie und ohne ausländische Wettbewerber" wachsen könne. Die von Google beklagten gezielten Trojanerangriffe auf Mail-Konten von Bürgerrechtlern seien eventuell noch der letzte "Druckknopf" Pekings gewesen, um auch den Branchenvorreiter in China auszuschalten. Im Sinne dieser Sichtweise gibt es in den USA seit geraumer Zeit Stimmen, die in der chinesischen Firewall eine Handelsbeschränkung und einen Verstoß gegen Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) sehen. Google und die chinesische Regierung sollen derweil Gespräche aufgenommen haben über das Vorhaben des Internetkonzerns, seine Suchergebnisse künftig nicht mehr zu filtern. (jk)