Immer mehr Staaten wollen Frieden in der Ukraine – warum die USA nicht?

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Der Kurs Washingtons steuert an den Rand eines atomaren Weltkriegs. Selbst einige Nato-Staaten streben Richtung Verhandlungen, ganz zu schweigen vom Globalen Süden. Auch in den USA nimmt der Druck zu.

Als Japan die Staats- und Regierungschefs Brasiliens, Indiens und Indonesiens zum G7-Gipfel in Hiroshima einlud, gab es einen Hoffnungsschimmer, dass das ein Forum für die aufstrebenden Wirtschaftsmächte aus dem globalen Süden sein könnte, um ihr Eintreten für den Frieden in der Ukraine mit den wohlhabenden westlichen G7-Ländern zu diskutieren, die mit der Ukraine militärisch verbündet sind und sich bisher gegenüber Friedensappellen taub gestellt haben.

Doch dazu kam es nicht. Stattdessen mussten die Staats- und Regierungschefs des Globalen Südens zusehen, wie die Gastgeber ihre neuen Pläne zur Verschärfung der Sanktionen gegen Russland und zur weiteren Eskalation des Krieges durch die Entsendung von in den USA gebauten F-16-Kampfflugzeugen in die Ukraine bekannt gaben.

Der G7-Gipfel steht in krassem Gegensatz zu den Bemühungen von Regierungen aus der ganzen Welt, die sich um eine Beendigung des Konflikts bemühen. In der Vergangenheit haben sich die Staats- und Regierungschefs der Türkei, Israels und Italiens um eine Vermittlung bemüht.

Ihre Anstrengungen trugen bereits im April 2022 Früchte, wurden jedoch vom Westen, insbesondere von den USA und Großbritannien, blockiert, die nicht wollten, dass die Ukraine ein unabhängiges Friedensabkommen mit Russland schließt.

Nachdem sich der Krieg nun schon über ein Jahr hinzieht und kein Ende in Sicht ist, haben sich auch andere Länderchefs zu Wort gemeldet und versuchen, beide Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen. Eine interessante neue Entwicklung ist, dass Dänemark, ein Nato-Land, sich bereit erklärt hat, Friedensgespräche zu führen.

Am 22. Mai, nur wenige Tage nach dem G7-Treffen, erklärte der dänische Außenminister Lokke Rasmussen, sein Land sei bereit, im Juli einen Friedensgipfel auszurichten, wenn Russland und die Ukraine zu Gesprächen bereit seien.

"Wir müssen uns darum bemühen, ein weltweites Engagement für die Organisation eines solchen Treffens zu schaffen", sagte Rasmussen und wies darauf hin, dass dazu die Unterstützung Chinas, Brasiliens, Indiens und anderer Länder erforderlich wäre, die ihr Interesse an der Vermittlung von Friedensgesprächen bekundet haben.

Die Tatsache, dass ein EU- und ein Nato-Mitglied die Verhandlungen vorantreibt, könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Europäer die Zukunft der Ukraine anders sehen.

Ein weiterer Beleg für diesen Wandel ist ein Bericht von Seymour Hersh, der sich auf US-Geheimdienstquellen beruft, wonach sich die Staats- und Regierungschefs Polens, Tschechiens, Ungarns und der drei baltischen Staaten, allesamt Nato-Mitglieder, mit Präsident Selenskyj im Gespräch befinden über die Notwendigkeit, den Krieg zu beenden und mit dem Wiederaufbau der Ukraine zu beginnen, damit die fünf Millionen Flüchtlinge, die derzeit in ihren Ländern leben, in ihre Heimat zurückkehren können.

Am 23. Mai erklärte der rechtsgerichtete ungarische Präsident Viktor Orban:

Angesichts der Tatsache, dass die Nato nicht bereit ist, Truppen zu entsenden, ist es offensichtlich, dass es für die armen Ukrainer auf dem Schlachtfeld keinen Sieg gibt.

Die einzige Möglichkeit, den Konflikt zu beenden, bestehe darin, dass Washington mit Russland verhandelt.

In der Zwischenzeit hat Chinas Friedensinitiative trotz der Bedenken der USA Fortschritte gemacht. Li Hui, Chinas Sonderbeauftragter für eurasische Angelegenheiten und ehemaliger Botschafter in Russland, hat sich mit Putin, Selenskyj, dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und anderen europäischen Politikern getroffen, um den Dialog voranzutreiben.

Da China sowohl der wichtigste Handelspartner Russlands als auch der Ukraine ist, befindet es sich in einer guten Position, um mit beiden Seiten in Kontakt zu treten.

Eine weitere Initiative stammt vom brasilianischen Präsidenten Lula da Silva, der einen "Friedensclub" von Ländern aus der ganzen Welt ins Leben gerufen hat, um gemeinsam an der Lösung des Konflikts in der Ukraine zu arbeiten. Er ernannte den bekannten Diplomaten Celso Amorim zu seinem Friedensbeauftragten.

Amorim war von 2003 bis 2010 brasilianischer Außenminister und wurde von der Zeitschrift Foreign Affairs zum "besten Außenminister der Welt" gekürt. Von 2011 bis 2014 war er außerdem brasilianischer Verteidigungsminister und ist nun der wichtigste außenpolitische Berater von Präsident Lula. Amorim hat sich bereits mit Putin in Moskau und Selenskyj in Kiew getroffen und wurde von beiden Seiten positiv aufgenommen.

Am 16. Mai mischten sich die südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa und andere afrikanische Staatsoberhäupter ein und machten deutlich, wie schwerwiegend dieser Krieg die Weltwirtschaft durch steigende Energie- und Lebensmittelpreise beeinträchtigt. Ramaphosa kündigte eine hochrangige Mission von sechs afrikanischen Präsidenten unter der Leitung von Präsident Macky Sall aus Senegal an.

Sall war bis vor Kurzem Vorsitzender der Afrikanischen Union und hat sich in dieser Funktion bei der UN-Generalversammlung im September 2022 nachdrücklich für den Frieden in der Ukraine eingesetzt.

Die anderen Mitglieder der Initiative sind die Präsidenten Nguesso aus dem Kongo, Al-Sisi aus Ägypten, Musevini aus Uganda und Hichilema aus Sambia. Die afrikanischen Staats- und Regierungschefs fordern einen Waffenstillstand in der Ukraine, auf den ernsthafte Verhandlungen folgen sollten, um "einen Rahmen für einen dauerhaften Frieden" zu schaffen. UN-Generalsekretär Guterres wurde über ihre Pläne informiert und hat die Initiative begrüßt.