AfD-Höhenflug: Merz wirbt um rechte Protestwähler

Fragt er sich etwa, warum ihn die AfD-Wähler verschmähen? Friedrich Merz will ihre Stimmen. So viel ist klar. Foto: Olaf Kosinsky (kosinsky.eu) / Licence: CC BY-SA 3.0-DE

CDU-Chef überhäuft AfD-Anhänger mit Verständnis. Sie seien von Gendersprache und Bevormundung beim Klimaschutz genervt. Zwei Drittel von ihnen sagen aber noch etwas anderes.

CDU-Chef Friedrich Merz hat eine einfache Erklärung für das Erstarken der AfD, die in Umfragen gleichauf mit der aktuellen Kanzlerpartei SPD liegt: All die Befragten, die zurzeit angeben, dass sie die AfD wählen würden, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, ticken eigentlich wie er.

Jedenfalls sind sie ihm zufolge von den gleichen Dingen genervt. Zum Beispiel vom Gendern. "Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD", behauptete er am Samstag in seinem wöchentlichen Newsletter "MerzMail".

Aber natürlich geht es um mehr. Zum Beispiel um "Bevormundung" im Zusammenhang mit Klimaschutz. Dass in diesem Punkt das Bundesverfassungsgericht viel strengere Vorgaben macht als die aktuelle Bundesregierung, die deshalb nicht nur von rechts, sondern aus genau entgegengesetzten Gründen auch von der Klimabewegung kritisiert wird, lässt Merz außen vor.

Seine eigene Partei sieht er auch nicht in Mitverantwortung für die aktuellen Umfrageergebnisse. Für den Höhenflug der AfD sei nicht die Union verantwortlich, "sondern überwiegend die Regierung und insbesondere die Grünen", befand er an diesem Montag.

Obwohl die AfD im ARD-Deutschlandtrend zuletzt "nur" auf 18 Prozent kam – und im Sonntagstrend, den Insa wöchentlich für Bild am Sonntag erhebt, auf 19 Prozent spricht Merz in diesem Zusammenhang gern von der "schweigenden Mehrheit":

Die Menschen sind die Bevormundung leid. Ich möchte, dass die Union denen eine Stimme gibt, die zur schweigenden Mehrheit gehören.


Friedrich Merz

Wer so direkt um die Stimmen von Menschen wirbt, die zur Zeit AfD wählen würden, weil sie vom Klimaschutz und vom Gendern genervt sind und ihnen rassistische Parolen dieser Partei bestenfalls egal sind – wenn sie sie nicht sogar gut finden – muss dann natürlich betonen, dass er mit der AfD "nichts zu tun" hat:

Diese Partei (AfD) ist ausländerfeindlich, diese Partei ist antisemitisch. Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun.


Friedrich Merz, CDU-Parteivorsitzender

Nun ist es allerdings so, dass fast zwei Drittel der befragten AfD-Wähler im ARD-Deutschlandtrend angaben, der Themenbereich Zuwanderung / Migrationspolitik spiele für sie eine wichtige Rolle. Nur 47 Prozent gaben das auch für den Bereich Energiepolitik, Umwelt und Klimapolitik an – und nur zehn Prozent für den Bereich Gleichstellung.

Rassistische Parolen werden demnach von den meisten nicht als Nebenaspekt oder Schönheitsfehler angesehen, sondern für gut befunden. Wer diese Stimmen will, wird auch diesbezüglich etwas bieten müssen. Aber schon das CSU-Urgestein Franz Josef Strauß hat ja den Satz "Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben" genau so gemeint, dass die Unionsparteien da inhaltlich nicht zu viel Platz lassen sollten.