ChatGPT entwirft ersten "nützlichen" Roboter zum Tomatenpflücken

ChatGPT hilft Forschern bei der Entwicklung eines Tomatenernteroboters. Aber ist das auch erstrebenswert?

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(Bild: Adrien Buttier / EPFL)

Lesezeit: 4 Min.

Kann ChatGPT einen Roboter entwerfen, der nützliche Dinge erledigen kann? Und ist es eine gute Idee, eine KI einen Roboter entwickeln zu lassen? Diese Fragen stellte sich ein Forschungsteam der Technischen Universität Delft (TU Delft) und der schweizerischen École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL). Zusammen mit dem KI-Chatbot grenzten die Forscher das zukünftige Aufgabengebiet des Roboters ein und ChatGPT machte Designvorschläge. Das Team setzte die Vorschläge dann um.

"Wir wollten, dass ChatGPT nicht nur einen Roboter entwirft, sondern einen, der tatsächlich nützlich ist", sagt Cosimo Della Santina, Assistenzprofessor an der TU Delft. Gemeinsam mit ChatGPT bestimmten sie zuächst das Feld, auf dem der Roboter tätig sein sollte. Zusammen mit ihm wählten sie als eine große Herausforderung der Menschheit die Lebensmittelversorgung aus.

Am Anfang stand die Konzeptionsphase, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Studie "How can LLMs transform the robotic design process?" beschreiben, die sie in Nature Machine Intelligence veröffentlicht haben. Sie nahmen dabei alle Designentscheidungen von ChatGPT auf. Nach Angaben der Forschenden gab ChatGPT bereits in dieser Phase wertvolle Hinweise und verwies auch auf andere Fachgebiete. Der Chatbot zeigte den Forschern dabei etwa, welche Ernte am wirtschaftlichsten automatisiert werden kann: die der Tomaten. Im Ergebnis konzentrierten sich die Forscher darauf, von ChatGPT einen Roboterarm zur Tomatenernte entwickeln zu lassen.

Zur Umsetzung des Projektes gab ChatGPT wertvolle Hinweise. So sollte etwa der Robotergreifer aus Silikon oder Gummi bestehen, um die Tomaten bei der Ernte nicht zu zerdrücken. Auch gab der KI-Chatbot den Antrieb des Roboters vor. Es sollte ein Dynamixel-Motor verwendet werden, ein präzise arbeitender Servo-Motor, der im Roboterbau bei Aktuatoren vielfach Anwendung findet. Herausgekommen ist dabei ein vierrädriger Karren, auf dem ein mehrachsiger Roboterarm frei beweglich angebracht ist. Der Greifer besteht aus zwei Halbschalen aus einem gummiartigen Material, der von einem Dynamixel-Motor betätigt wird. Der Roboter fährt an den Tomatenpflanzen vorbei und pflückt die Tomaten ab.

Die Zusammenarbeit mit dem Chatbot beim Design des Roboters sahen die Forscher durchgängig als positiv an. Sie stellten dabei fest, dass sie selbst dabei mehr in die Rolle eines Umsetzenden gedrängt wurden und der Schwerpunkt ihrer Arbeit in der technischen Umsetzung lag.

Die Wissenschaftler untersuchten in diesem Zusammenhang auch die unterschiedlichen Grade der Kollaboration zwischen Mensch und Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT. Dabei untersuchten sie die Zusammenarbeit bis zum Extrem. So könnte der KI-Chatbot etwa den gesamten Konzeptions- und Designprozess bestimmen. Der Mensch ist dann nur noch ausführendes Objekt und folgt ihm "blindlings" bei der Umsetzung. Dieses Extrem sei mit den heutigen LLMs jedoch noch nicht zu erreichen. Die Frage sei auch, ob das überhaupt wünschenswert ist.

Der von ChatGPT entworfene Tomatenernteroboter bei der Arbeit.

(Bild: Adrien Buttier / EPFL)

Della Santia beantwortet diese Frage mit Nein. "In der Tat kann der LLM-Output irreführend sein, wenn er nicht verifiziert oder validiert wird. KI-Bots sind darauf ausgelegt, die 'wahrscheinlichste' Antwort auf eine Frage zu generieren, sodass die Gefahr von Fehlinformationen und Verzerrungen im Bereich der Robotik besteht", begründet er seine Ablehnung. Auch würde die Arbeit mit KI-Chatbots noch weitere wichtige Fragestellungen aufwerfen, wie etwa die nach Plagiaten, der Rückverfolgbarkeit und nach dem geistigen Eigentum.

Die Wissenschaftler wollen ihre Forschungen noch weiter vertiefen und neue Roboter mithilfe von LLMs entwerfen. Dabei soll ein Schwerpunkt darauf gelegt werden, welchen Ansatz die KI-Chatbots bei der Gestaltung eigener Körper wählen würden, wenn sie dies autonom tun könnten. Eine Frage bleibe jedoch noch offen: Wie können zukünftig LLMs sinnvoll eingesetzt werden, um Roboterentwickler zu unterstützen, ohne dabei deren Kreativität und Innovation zu behindern? Diese Frage wollen die Forschenden in weiteren Studien beantworten.

(olb)