EU-Rat drängt auf Kriminalisierung leichter Urheberrechtsverstöße

In seiner Position zur umstrittenen Richtlinie für die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte packt der EU-Ministerrat alte Forderungen im Kampf gegen Online-Tauschbörsen wieder aus.

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Mehrere europäische Bürgerrechtsgruppen verstärken die Kritik an der geplanten "Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum". Sie beunruhigt vor allem, dass inzwischen auch bereits der EU-Ministerrat unter der irischen Präsidentschaft seine Position (PDF) zu dem heftig umstrittenen Gesetzesvorhaben vorgestellt hat. Denn darin "vereint er viele der schlimmsten bisherigen Vorschläge zu der Richtlinie, während er um die guten vorsichtig herummanövriert", bemängelt die "European Digital Rights"-Initiative (EDRi).

So schwebt dem Rat etwa wieder die Kriminalisierung selbst leichter Urheberrechtsverstöße vor, gegen die sich der Rechtsausschuss des Parlaments erst Ende 2003 ausgesprochen hatte. Allgemein drängt der Ministerrat auf stärkere Sanktionen gegen Copyright-Verletzer und empfindliche Strafen. Auch Patente sollen erneut in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

Die Irische Free Software Organisation (IFSO) hat daher einen offenen Brief an die Präsidentin des Wettbewerbsrats der EU geschickt, in dem sie die Aushebelung der Balance zwischen Interessen von Verwertern und Nutzern urheberrechtlich geschützter Werke beklagt. Verbraucherfreundliche Schranken zu den Rechten der Datenherren würden in ein "Minenfeld" verwandelt, heißt es in dem Schreiben. Internet-Provider könnten sich mit einer unendlichen Zahl an rechtlichen Verfügungen konfrontiert sehen, die Bürger würden der Informationsgesellschaft "entfremdet", warnen die Aktivisten. Sie sehen auch wettbewerbsrechtliche Behinderungen für freie Software aus der Richtlinie erwachsen, was die europäische Computerbranche besonders hart treffe.

Ein genauer Termin für die Aussprache zu dem Richtlinienvorschlag im Parlament steht noch nicht fest. Der zunächst anvisierte 9. Februar ist ins Wanken geraten, da der EU-Rat und die Abgeordneten anscheinend erst eine gemeinsame Linie finden wollen. Schließlich sind sich die Berichterstatterin für die Direktive, Janelly Fourtou, sowie Ratsmitglieder einig, dass das Werk noch vor der EU-Erweiterung und der Auflösung des Parlaments im Frühjahr verabschiedet werden soll. Denn nicht nur Fourtou, die Gattin des Vivendi-Chefs Jean-René Fourtou ist, erhofft sich durch die Richtlinie eine rasche Stärkung der Position der Medienkonzerne im Kampf gegen Online-Tauschbörsen und Raubkopierer. (Stefan Krempl) / (anw)