Grüne verabschieden Entwurf zur Aufhebung des Websperren-Gesetzes

Die Bundestagsfraktion der Oppositionspartei hat sich auf einen Vorstoß für ein Gesetz zur Aufhebung des Beschlusses des Zugangserschwerungsgesetzes geeinigt, während die Bundesregierung sich über ihren Ansatz ausschweigt.

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Die Bundestagsfraktion der Grünen hat sich am heutigen Dienstag auf einen Vorstoß geeinigt, mit dem das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen gekippt werden soll. Mit der heise online vorliegenden Initiative soll der Beschluss des Zugangserschwerungsgesetzes durch das Parlament komplett aufgehoben werden, da sich der von Schwarz-Rot vorgesehene Ansatz "erledigt" habe.

Die Bundesregierung schweigt derweil dazu, wie der von ihr vorgesehene Weg zum Aussetzen der Websperren und das angeblich geplante Gesetz zur Löschung kinderpornographischer Inhalte im Internet aussehen soll. Ein Sprecher des Justizministeriums bestätigte gegenüber heise online nur, dass Bundespräsident Horst Köhler eine gemeinsam mit dem Innenministerium erstellte Position bekommen habe. Einzelheiten dazu könne er nicht nennen. Köhler prüft seit Herbst, inwieweit das Zugangserschwerungsgesetz formal mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Die Grünen plädieren im Gegensatz zu den Linken, die Ende Januar mit einem Vorstoß zum Aushebeln der Web-Sperren und notfalls des gesamten Gesetzes über zwei Alternativen vorgeprescht waren, grundsätzlich für eine offizielle Revision des Gesetzesverfahrens aus der vergangenen Legislaturperiode. Im Bundestag habe sich weitgehend die Überzeugung durchgesetzt, dass das Zugangserschwerungsgesetz unverhältnismäßig in Grundrechte eingreife. Es sei nicht geeignet, kinderpornographische Inhalte im Netz effektiv zu bekämpfen. Um dem Bundespräsidenten die weitere Prüfung zu ersparen, müsse das Gesetz mit einer neuen Bundestagsentscheidung aufgehoben werden, da das parlamentarische Votum "unverrückbar" sei.

Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, und Malte Spitz vom Grünen-Bundesvorstand sehen in dem Vorgehen der Bundesregierung eine "Zumutung". Es dürfe "juristisch kaum tragbar sein", dem Bundespräsidenten lediglich in einem Brief zu erklären, "man rücke von dem im Bundestag beschlossenen Gesetz wieder ab" und erst im zweiten Schritt könne eventuell ein "Löschgesetz" vorgelegt werden. Die Regierung lasse auch offen, "was mit dem bisherigen Gesetz und der bereits geschaffenen Sperrinfrastruktur geschehen soll". Ähnliche Fragen stellen auch Netzaktivisten wie Markus Beckedahl. Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club fordert, die Bundesregierung solle das Gesetz nun komplett aus der Welt schaffen und nicht durch ein neues "Löschgesetz" ersetzen.

Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag begrüßten unterdessen die Ankündigung aus Berlin, den "Irrweg des Netzsperrengesetzes" verlassen zu wollen. Der zunächst von Schwarz-Gelb gemachte Vorschlag, die Web-Sperren ein Jahr lang auszusetzen, sei "abenteuerlich" gewesen. Nun müsse ein Entwurf vorgelegt werden, der "neue Maßnahmen der Prävention" und das Prinzip "Löschen vor Sperren" in den Vordergrund stelle. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits im Dezember angekündigt, ihrerseits das Zugangserschwerungsgesetz aufheben zu wollen.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jimmy Schulz, Mitglied im Innenausschusses des Deutschen Bundestages und Berichterstatter für IT-Sicherheit, zeigte sich überzeugt, Websperren seien nun endgültig vom Tisch: "Es ist ein Sieg für die Netzgemeinde und die Internet-Freiheitskämpfer, dass 'Zensursula' vom Tisch ist. Neben dem 'Safer Internet Day' können wir heute also den 'Save the Internet Day' feiern." (anw)