Heftiger Streit im Bundestag um erschwingliche Breitbandzugänge

Bei einer Anhörung zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes prallten die Interessen der Deutschen Telekom und ihrer Wettbewerber aufeinander.

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Nach Ansicht von Experten ist es dringend nötig, die Verbreitung von Breitbandanschlüssen in Deutschland durch gesetzliche Wettbewerbsanreize zu fördern. Dabei müsse die Deutsche Telekom verpflichtet werden, alternativen Providern günstige Vorleistungen für ihren T-DSL-Anschluss zur Verfügung zu stellen, betonte etwa Arnold Picot, Professor am Institut für Information, Organisation und Management der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Er war am heutigen Montag zu einer sechsstündigen Anhörung zur umstrittenen Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Wirtschaftsausschuss des Bundestags geladen. Die Förderung der breitbandigen Kupferadertechnik sei wichtig, um "günstige always-on-Anschlüsse für alle erschwinglich zu machen" und um den "Rückstand bei Breitbandzugängen im internationalen Vergleich aufzuholen", meinte Picot.

Stan Laurent, Geschäftsführer von AOL Deutschland, unterstrich vor den Abgeordneten, dass es ohne die Auflage für die Telekom, gleichzeitig mit der Einführung eigener Endkundenprodukte auch entsprechende Vorleistungen für die Wettbewerber anzubieten, kaum Innovationen am Markt geben werde. Anders sei die Gewinnung von Kunden mit differenzierten Produkten nicht möglich. AOL und andere Zugangsanbieter drängen in diesem Bereich vor allem auf den so genannten Bitstream Access, bei dem ihnen die Telekom Zugang zu ihren DSL-Endkundenanschlüssen gewähren müsste. Diese Grundleistung könnten sie dann entsprechend "veredeln", etwa mit dickeren Datenraten.

Die Möglichkeit zur Regulierung des Bitstrom-Marktes sieht das Paket der Rahmenrichtlinien für die TKG-Novelle aus Brüssel dezidiert vor. Im Kabinettsentwurf der Bundesregierung ist die geforderte Öffnungsklausel jedoch nicht deutlich gefasst. Die Telekom will von einem Bitstrom-Zugang nichts wissen, da sie, so ein Lobbyist des Bonner Konzerns, "bereits viele DSL-Vorprodukte" anbiete. Die Wettbewerber könnten eine komplette Teilnehmeranschlussleitung übernehmen, was Bitstream ersetzen würde. Der Chef der Regulierungsbehörde, Matthias Kurth, erklärte in diesem Zusammenhang, das ihm der vorliegende TKG-Entwurf die Hände binden würde. Denn bislang sei das Bitstrom-Geschäft nicht anzukurbeln, solange ein marktbeherrschendes Unternehmen "freiwillige Angebote" vorlege. Er bat die Parlamentarier, "derart unbestimmte Rechtsbegriffe noch einmal zu überprüfen".

Prinzipiell hält Kurth den Bitstrom-Zugang für notwendig, da dieser weit über einen Wiederverkauf von Telekom-Produkten hinausgehe. Die Gefahr, dass die Wettbewerber keine eigenen breitbandigen Backbones aufbauen und nur noch die Kapazitäten des Platzhirschen nutzen sieht Kurth nicht. Anreize zum Infrastrukturwettbewerb könnten etwa niedrigere Zusammenschaltungspreise schaffen, falls Telekom-Konkurrenten möglichst rasch die Daten durch eigene Netze leiten.

Ein ähnlicher Streit wie um die Breitband-Vorleistung tobt um den eigentlichen Wiederverkauf von Telekom-Produkten. Der rosa Riese klagt in seiner Stellungnahme für die Anhörung, dass ihm durch derartige "Resale-Verpflichtungen" die "Luft als Global Player und für den Aufbau- und Ausbau moderner Breitbandnetze genommen" werden könne. Ein reines "Anschluss-Resale" produziere nur "Wettbewerb um des Wettbewerbs Willen". Zu Hilfe eilte der Telekom im Reichstag auch der Verband der regionalen und lokalen Telekommunikationsgesellschaften (BREKO) sowie der Anbieter EWE TEL aus Niedersachsen. Die Forderung der Carrier ist, dass ein Resale an klare Verpflichtungen für die Wettbewerber gekoppelt beziehungsweise preislich fest geregelt werden soll. Ein derartiges "gebündeltes" und "konditioniertes" Resale halten Telcos wie Tele2 dagegen für "völlig unnutzbar".

Kurth warnte vor einer Verteufelung der Resale-Möglichkeiten, da anders ein "flächendeckender Wettbewerb" nicht zu gewährleisten sei. Beispiele wie der Mobilfunk-Reseller debitel würden zudem zeigen, dass auch bei einem solchen Modell "Tausende Arbeitsplätze" entstehen könnten. Die entsprechenden Anbieter müssten sich schließlich um das Inkasso von Leistungen und die Betreuung ihrer Kunden selbst kümmern. (Stefan Krempl) / (jk)