Entwurf für Jugendmedienschutz-Staatsvertrag entschärft

Nach anhaltender Kritik am Entwurf für den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist die Ausweitung der Bestimmungen auf Internet-Zugangsprovider erstmal wieder vom Tisch.

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Von
  • Monika Ermert

Eine Ausweitung der Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) auf Internet-Zugangsprovider und Plattformbetreiber ist nach Angaben der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei erst einmal vom Tisch. Im neuesten Entwurf sei man zum "ursprünglichen Anbieterbegriff" zurückgekehrt, der ein abgestuftes Haftungsregime vorsieht, hieß es aus der Staatskanzlei. Klargestellt worden sei auch, dass es keine Pflicht zur Einstufung aller Inhalte für Inhalteanbieter geben werde.

Der Entwurf wird in der kommenden Woche von Rundfunkreferenten und Staatskanzlei-Vertretern abschließend diskutiert. Am 25. März soll der novellierte Staatsvertrag von den Ministerpräsidenten der Länder verabschiedet und im Juni oder Juli umgesetzt werden. Noch keinen Hinweis gab es aus der Staatskanzlei, ob und wann Unternehmen und Bürgerrechtler den Entwurf vor dem 25. März noch einmal zu Gesicht bekommen.

Allerdings fühlt man sich in der Staatskanzlei reichlich missverstanden, wenn der JMStV mit dem Zugangserschwerungsgesetz in einen Topf geworfen wird. Löschen und Sperren von Angeboten sei nach geltendem Recht bereits möglich. Anders als das Sperrsystem à la von der Leyen biete der JMStV Rechtsmittel für die Provider, die im Zweifel vors Verwaltungsgericht ziehen könnten. Beim Zugangserschwerungsgesetz werde dagegen mit geheimen Listen gearbeitet.

Trotz der bereits nach der Anhörung im Januar angekündigten Nachbesserungen dürfte es auch weiter Streit um den JMStV geben. Geblieben ist nach Informationen von heise online die Auflage für Social Networks, nachzuweisen, dass "die Einbeziehung oder der Verbleib von Inhalten im Gesamtangebot verhindert wird, die geeignet sind, die Entwicklung von jüngeren Personen zu beeinträchtigen". Betreiber von Plattformen mit Nutzerinhalten können laut der alten und offenbar auch neuen Fassung ihrer Verantwortung auch durch die Mitgliedschaft bei einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle nachkommen.

Für eine Erweiterung des Anbieterbegriffs gestritten hatte unter anderem die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). In ihrer Stellungnahme (PDF-Datei) forderte die Kommission, dass Zugangsprovider, Suchmaschinenbetreiber, Anbieter von Social Networks und "Linksetzer" stärker in die Verantwortung genommen werden müssten. Die Gegenforderung, den Anbieterbegriff explizit enger einzugrenzen, war vom AK-Zensur gekommen, der den Entwurf inzwischen vom Tisch haben will.

Auf ein praktisches Problem des erweiterten Anbieterbegriffs hatte auch das Hans-Bredow-Institut in Hamburg hingewiesen (PDF-Datei) - um so viele zusätzliche Verantwortliche im Internet könne sich die KJM kaum noch effektiv kümmern. "Dem vermeintlichen regulatorischen Vorteil, viele in der Verantwortung zu haben, stehen dann Nachteile gegenüber, die aus dem Leerlaufen rechtlicher Regelungen erwachsen." Die Hamburger Medienrechtsexperten warnten auch, dass damit neue Geschäftsmodelle gefährdet werden könnten.

Ein altes "Geschäftsmodell" bedroht sehen der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger: die freie Presse. Die sieht sich nach dem Entwurf mit Bußgeldern von bis zu 500.000 Euro bedroht "für den Fall an, dass Artikel der Online-Presse als geeignet erscheinen, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu beeinträchtigen". Das Argument, dass derselbe Artikel online verbreitet gefährlicher sei als auf Papier gedruckt, sei kaum überzeugend. In der Staatskanzlei heißt es zur Frage des Presseprivilegs, dass man da zwar noch einmal nacharbeiten wolle. Eine generelle Ausnahme für die Presse könne es aber nicht geben, denn in ihrer Online-Variante müsse sie sich eben auch als "Telemedium" regulieren lassen. (vbr)