Gesetz für Websperren tritt in Kraft

Mit der überraschend schnellen Veröffentlichung des heftig umkämpften Zugangserschwerungsgesetzes im Bundesgesetzblatt wird das Normenwerk am morgigen Dienstag rechtsgültig. Der AK Zensur fordert dessen rasche Aufhebung.

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Mit der überraschend schnellen Veröffentlichung des heftig umkämpften Zugangserschwerungsgesetzes in der aktuellen Ausgabe 6/2010 des Bundesgesetzblattes am heutigen Montag tritt das Gesetz am morgigen Dienstag in Kraft. Die Bestimmungen zu Websperren im "Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen" sollen laut dem Willen der Bundesregierung aber zunächst vom eigentlich dafür zuständigen Bundeskriminalamt (BKA) nicht angewendet werden. Stattdessen sei zunächst nachdrücklich mit Versuchen zum Löschen kinderpornographischer Inhalte direkt auf einschlägigen Servern durch die Wiesbadener Polizeibehörde und die Internetwirtschaft zu experimentieren.

Bundespräsident Horst Köhler (CDU) hatte mit der Unterzeichnung des Gesetzes in der vergangenen Woche nach längerer Verzögerung und Prüfung auf formale Verfassungskonformität den Weg frei gemacht für das von Schwarz-Gelb ungeliebte Vorhaben. Normalerweise ist nach der Unterschrift durch das Staatsoberhaupt bis zur Verkündung eines Normenwerks im Bundesgesetzblatt mit einer dreiwöchigen Frist zu rechnen. Beim Zugangserschwerungsgesetz ging es am Ende deutlich schneller, was auch Teile der Bundesregierung ziemlich unvorbereitet erwischt. So ging man im Bundesjustizministerium am vergangenen Mittwoch noch davon aus, bis zum Inkrafttreten eventuell noch andere Wege zur Aussetzung der Websperren finden zu können als den rechtlich von Experten als problematisch eingestuften Ansatz einer Anweisung an das BKA.

Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur fordert unterdessen eine fraktionsübergreifende Gesetzesinitiative zur kompletten Aufhebung des "Sperrgesetzes" im Bundestag. "Es gibt inzwischen einen breiten Konsens gegen Netzsperren. Das darf im Parteienstreit zwischen Regierung und Opposition nicht vergessen werden", erklärte Alvar Freude von der Bürgerrechtsorganisation. Seiner Ansicht nach wäre eine weitere Blamage für die Politik in Deutschland, "wenn die inzwischen über Fraktionsgrenzen hinweg gewandelte Auffassung zum Zugangserschwerungsgesetz nicht auch eine rechtstaatlich vernünftige Lösung finden würde".

Entsprechende konkrete Anläufe haben die Linken und die Grünen bereits gestartet und die SPD angekündigt. Sie sollen am Donnerstag im Plenum des Bundestags in 1. Lesung besprochen werden. Der Petitionsausschuss des Parlaments berät heute Nachmittag in öffentlicher Sitzung zunächst über die von über 134.000 Netzbürgern im Frühsommer unterzeichnete Rekordinitiative gegen das Zugangserschwerungsgesetz. (jk)