Netzsperren bleiben bei Anti-Piraterie-Abkommen ACTA auf der Agenda

Ein neuer Entwurf für das Internetkapitel des geplanten Anti Counterfeiting Trade Agreement hat den Weg ins Netz gefunden. Provider sollen Verfahren der "abgestuften Erwiderung" auf Rechtsverletzungen implementieren: Nach wiederholten Urheberrechtsverstößen und Warnhinweisen könnte Nutzern eine Sperrung des Netzzugangs drohen.

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Ein konkreter Entwurf für das Internetkapitel des geplanten internationalen Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) hat seinen Weg ins Netz gefunden. Gemäß dem inoffiziellen Papier sollen Zugangsanbieter Verfahren der "abgestuften Erwiderung" auf Rechtsverletzungen implementieren. Im Einklang mit dem in Frankreich bereits praktizierten und in Großbritannien im Raum stehenden entsprechenden "Three Strikes"-Modell könnte Nutzern nach wiederholten Urheberrechtsverstößen und entsprechenden Warnhinweisen so eine Sperrung des Netzzugangs drohen.

Über das Internetkapitel und damit drohende Netzsperren gab es bereits im November heftige Spekulationen. Das nun vorliegende, offenbar von der US-Regierung erstellte Dokument macht klar, dass das "Three Strikes"-Szenario nicht zwangsweise von den Verhandlungsstaaten verordnet werden soll. Der dem Nachrichtendienst IDG zugespielte Text würde bei seiner Verabschiedung und Ratifizierung in der jetzigen Form aber den Druck auf die Internetprovider deutlich erhöhen, ein entsprechendes Modell anzuwenden. So sollen den Zugangsanbietern gewisse Verfahrensweisen im Kampf gegen illegale Download-Aktivitäten und andere Rechtsverletzungen auferlegt werden, damit sie Haftungsfreistellungen für sich selbst in Anspruch nehmen können. Als Beispiel für derartige Methoden werden in einer Fußnote des Entwurfs ausdrücklich Netzsperren "in angemessen Umständen" aufgeführt.

Gemäß der Einschätzung des kanadischen Rechtsprofessors Michael Geist würde der Vorstoß auch den nationalen Spielraum bei der Umsetzung eines "Internet-Vertrags" der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verengen. Konkret geht es dabei um die Urheberrechtsvereinbarung, die eine prinzipielle zusätzliche rechtliche Absicherung von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) verlangt. Bei der Implementierung müssten demnach künftig auch speziell Techniken, die den Zugang zu einem geschützten Werk regeln, gesondert geschützt werden. Dazu käme ein ausdrückliches Verbot der Herstellung, Verbreitung oder des Imports von Software zum Kopierschutzknacken. Die USA und die EU haben entsprechende Vorgaben aber im Unterschied etwa zu Kanada bereits im Digital Millennium Copyright Act (DMCA) beziehungsweise in der Copyright-Richtlinie festgeschrieben.

Laut einer bereits zuvor ins Netz gewanderten Notiz (PDF-Datei) der EU-Kommission stand das Internetkapitel bei der jüngsten Verhandlungsrunde in Mexiko erstmals zur Diskussion. Aus Zeitgründen sei man aber noch nicht zum Teil über den DRM-Schutz gekommen. Die Debatte habe sich auf verschiedene "technologische Konzepte" zur Bekämpfung von Rechtsverletzungen konzentriert. Große Fortschritte im Hinblick auf die Einigung auf einen gemeinsamen Text auf Basis der US-Initiative seien daher noch nicht erzielt worden. Die USA und die EU wollten daher ihre unterschiedlichen Ansätze bei den nächsten, weiterhin größtenteils im Geheimen stattfindenden Gesprächen im April in Neuseeland vorstellen. Offiziell beteuert Brüssel immer wieder, dass ACTA gegenüber dem EU-Gemeinschaftsrecht keine Verschärfungen mit sich bringen solle. Auch die Bundesregierung bemüht sich, Befürchtungen von Bürgerrechtlern abzuwiegeln.

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(jk)