Exponet: Glasfaser für Wien schockiert österreichische Provider

Fernziel in Wien ist eine "Verglasung" des öffentlichen Abwassernetzes mit rund 2.200 Kilometern Länge; die Wiener könnten darüber gegen eine monatliche Gebühr unter anderem mit Breitbandinternetzugang, Telefon und TV versorgt werden.

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Eine Tochterfirma der Stadt Wien wird in China Glasfaserkabel in Abwasserkanälen verlegen. Dies konnte heise online auf der elften Wiener exponet erfahren. Die im Eigentum der österreichischen Bundeshauptstadt stehende Firma Wien Kanal Abwassertechnologien (WKA) verlegt in Wien seit 1998 Glasfaserleitungen in Abwasserrohren. Auch in anderen Städten in Europa sowie durch eine eigene Tochterfirma in den USA ist die WKA schon aktiv, in Israel sind Aufträge in Sicht. Sogar in China wurde eine Gesellschaft gegründet, schon in vier Wochen brechen Wiener Experten nach Fernost auf und im Hangzhou die Kanalisation zu veredeln.

Die Netzerrichtung möglich macht der CableRunner, eine Eigenentwicklung des Wiener Unternehmens. Er kann selbst in Rohren mit einem Durchmesser von nur 25 Zentimetern jene Kabel verlegen, in welche dann die Glasfasern eingeschossen werden. In Wien verfügt die WKA bereits über ein Netz mit über 100 Kilometern Länge mit 456 bis 864 Fasern, für bis zu 6912 Fasern wurde schon vorgesorgt. Die Leitungen werden als "Dark Fiber" (also ohne die notwendige aktive Netzinfrastruktur) vorrangig für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen beispielsweise an alternative Telekomanbieter und Internet-Provider, verschiedene öffentliche Einrichtungen oder den Privatfernsehsender ATV verkauft.

Fernziel ist eine "Verglasung" des gesamten öffentlichen Abwassernetzes der Stadt mit rund 2.200 Kilometern Länge. Damit erreicht Wien Kanal 99 Prozent aller Grundstücke. Diese Pläne sorgen jedoch für erhebliche Unruhe in der Provider- und Telecom-Branche. Die Internet Service Provider Association Austria (ISPA) fürchtet ein "neues öffentliches Infrastrukturmonopol" und warnt "vor der Gefahr, mit Geldern der Stadt eine neue Monopol-Infrastruktur zu errichten, welche die bestehenden Infrastrukturen entwertet und die kleinen ISPs aus dem Markt drängt".

Die Stadt lässt derzeit tatsächlich eine Studie durchführen, die eruieren soll, mit welchem Aufwand ein flächendeckendes Glasfasernetz gelegt und jeder Haushalt angeschlossen werden kann. Dafür würden auch Glasfaserleitungen der städtischen Wienstrom einbezogen. Nach offizieller Lesart sollen in die Abschlussarbeiten der Studie Telekom Austria sowie Telekabel Wien, an der die Stadt eine Minderheitsbeteiligung hält, einbezogen werden. Die Tageszeitung Der Standard meldet indes, die Studie sei bereits Ende 2003 abgeschlossen worden. Nach Investition von 1,2 Milliarden Euro sähe das Konzept eine monatliche Grundgebühr von 60 Euro pro Haushalt vor. Damit wären Breitbandinternetzugang, hunderte Fernsehkanäle, Telefonieren ohne Gesprächskosten, diverse Unterhaltungsangebote sowie Endgeräte und Anschlusskosten abgegolten. Im Herbst 2005, einige Monate vor den nächsten Gemeinderatswahlen, soll bereits ein Projektbetrieb mit bis zu 200.000 Anschlüssen starten. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)