Leistungsschutzrecht: Nicht nur Google soll zahlen

Ein Vertreter der Axel Springer AG machte auf dem Kölner Medienrechtforum deutlich, dass künftig nicht nur Portale, sondern auch gewerbliche Nutzer für Verlagsinhalte zahlen sollen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Das Leistungsschutzrecht für deutsche Verleger ist seit Monaten in der Diskussion – wie es konkret aussehen soll, wurde aber bisher kaum thematisiert. Im Zuge der Auftaktveranstaltung des Kölner Medienrechtforums erläuterte Christoph Keese, Cheflobbyist der Axel Springer AG, einige Details. Demnach planen die Verleger in Kürze eine Kartellausnahmegenehmigung zu stellen, um eine neue Verwertungsgesellschaft zu gründen. Zahlen sollen in Zukunft nicht nur Portale wie Google, die kostenfrei abrufbare Inhalte systematisch auswerten, sondern jeder gewerbliche Nutzer der Verlagsangebote im Internet. Dabei nannte Keese explizit die schätzungsweise 20 Millionen gewerblich eingesetzten PCs in Deutschland.

Keese zeichnete ein düsteres Bild des Online-Journalismus in Deutschland. Alles in allem machten deutsche Verlage mit ihren journalistischen Online-Angeboten gerade einmal 200 Millionen Euro Umsatz. "Das ist kein gutes Geschäft. Man kann mit Journalismus im Internet derzeit nicht verdienen." Allenfalls durch Querfinanzierungen seien viele Angebote überlebensfähig. So verdiene Axel Springer zwar mittlerweile ein Fünftel seines Umsatzes im Internet. "Wir verdienen dieses Geld allerdings nicht mit Journalismus", betonte Keese. Umsatzbringer seien vielmehr Firmenbeteiligungen wie die Preisvergleichsmaschine Idealo und der Stellenbörse Stepstone.

Dass das geplante Leistungsschutzrecht juristisch nur sehr schwer zu fassen ist, machte Professor Karl-Nikolaus Peifer vom Institut für Medienrecht der Universität zu Köln deutlich. So ist bisher nicht klar, auf welche Leistung der Verlage das geplante Leistungsschutzrecht denn fußen soll. Peifer verwies auf ein Urteil von 1928, bei dem bereits das deutsche Reichsgericht das exklusive Recht auf Nachrichteninhalte negiert hatte. Eine stellvertretende Rechtewahrnehmung für die in den Verlagen publizierenden Autoren sei auch schwer umsetzbar, da in der Vergangenheit die Aktivlegitimierung der Verlage von Gerichten in Zweifel gezogen wurde. Übrig bleibt die separate Definition der Verlagstätigkeit, die in der Auswahl und dem Arrangement der Informationen besteht.

In diese Kerbe schlug Keese: "Das Netz quillt über mit Informationen – wir organisieren die Rangreihenfolge. Das ist die Leistung, die wir bringen." Diese solle in Zukunft separat bezahlt werden, indem gewerbliche Websurfer zur Kasse gebeten werden. "Wir sehen, dass die Abonnements von Zeitungen und Zeitschriften in den meisten Unternehmen zurückgehen – das hängt natürlich auch damit zusammen, dass wir so gute Webseiten machen", begründete Keese die Notwendigkeit einer neuen Zahlungspflicht. Die private Nutzung und das Verlinken soll auch künftig kostenfrei bleiben – zumindest im "Festnetz-Internet". Für mobile Plattformen wie das iPhone setzt der Verlag auch auf Bezahlinhalte.

Notwendigkeit für eine Grundsatzdebatte sieht Keese nicht – bei der Diskussion um das Leistungsschutzrecht handelt es sich aus seiner Sicht nur um eine juristische Fachdiskussion. Schon nach geltender Rechtslage könnten die Verlage eine Verwertungsgesellschaft gründen und sich dabei auf die von den übertragenen Rechte der Autoren berufen – ähnlich der Presse Monitor GmbH, die seit mehr als sieben Jahren für viele deutsche Verlage die Rechte zur Erstellung von Pressespiegeln vermarktet. Die Einführung eines Leistungsschutzrechts sei aber aus praktischer Sicht notwendig: "In jedem Einzelfall die Rechtekette nachzuweisen ist unsagbar aufwändig, dass sich das gesamte Modell nicht mehr lohnen würde", sagte Keese. So seien alleine bei der Welt Texte von über 30.000 Autoren erschienen, die oftmals keinen expliziten Vertrag unterschrieben hätten.

Bekanntestes Ziel der neuen Leistungsschutzrechte ist der Internetkonzern Google, der in seinem Angebot Google News systematisch die Schlagzeilen und Inhalte von Online-Medien in Deutschland auswertet und kurze "Snippets" der erfassten Meldungen anzeigt. Den Vorwurf, dass die deutschen Verleger lediglich beim erfolgreicheren Geschäftsmodell abkassieren wollen, lässt Keese nicht gelten. Vielmehr befinde man sich mit dem US-Unternehmen in konstruktiven Gesprächen, um das Nachrichtenangebot um Bezahlinhalte zu erweitern. Eine solche Bezahl-Option sei bereits für Google Books vorgesehen, die deutschen Verleger würden Google gerne als weiteren Marktplatz für ihre Inhalte nutzen.

Doch nicht nur Internetkonzerne, auch die Leser der Verlagsangebote sollen zahlen, zumindest wenn sie die Informationen beruflich nutzen oder mit einem Rechner an ihrem Arbeitsplatz sitzen. Wie die Zahlungspflicht konkret umgesetzt werden soll, lässt Keese in Köln allerdings gezielt offen. Wie im Business-to-business-Bereich üblich werde man auf die Unternehmen zugehen und ihnen ein Vertragsangebot machen. Dabei hätten die Unternehmen ausdrücklich auch die Möglichkeit auf die Nutzung der Verlagsangebote zu verzichten. "Dass Unternehmer nein sagen und trotzdem das Angebot nutzen, kann ich mir das einfach nicht vorstellen", erklärte Keese. (anw)