Konkurrenz für Cybercrime-Konvention des Europarates

Den Ambitionen der Europäer, der Cybercrime-Konvention des Europrates zu globaler Bedeutung zu verhelfen, setzen die Vereinten Nationen eigene Bemühungen um eine weltweite Konvention zur Verbrechensbekämpfung im Internet entgegen.

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Von
  • Monika Ermert

Der "Cybercrime Convention" des Europarates droht Konkurrenz durch einen Vorstoß der Vereinten Nationen. In der kommenden Woche treffen sich Vertragsstaaten der 2001 verabschiedeten Europarats-Konvention mit Experten zur alljährlichen Octopus-Konferenz, um sich unter anderem über neue Themen wie Cloud-Computing auszutauschen. Ein Thema, das nicht auf der Tagesordnung steht, die Konferenz aber dennoch beschäftigen dürfte, sind die bei den Vereinten Nationen (UN) diskutierten Pläne für eine globale UN-Konvention gegen Cyberkriminalität. Der Europarat will dagegen die "Cybercrime Convention" als weltweiten Standard etablieren.

Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) empfiehlt, die "Entwicklung eines globalen Abkommens gegen Netzkriminalität" müsse "sorgfältig und zugleich positiv bedacht werden". Die UN-Einrichtung verweist in einem Papier (PDF-Datei) zur 12. UN Crime-Konferenz im April darauf, dass von allen vier regionalen Vorbereitungstreffen grünes Licht für eine "UN Cybercrime Convention" kam. Besonders nachdrücklich formulierten es die lateinamerikanischen Länder (PDF-Datei): "Die Versammlung hielt fest, dass die Entwicklung eines internationalen Abkommens gegen Netzkriminalität unerlässlich ist." Auch Asien, Afrika und die arabischen Länder befürworten den Vorstoß. Eine europäische Vorbereitungskonferenz gibt es nicht.

Erste Vorschläge zur Gestaltung für eine solche UN-Konvention reichen bis ins Jahr 2000 zurück. Im Rahmen ihrer "Global Cybersecurity Agenda" hatte auch die Internationale Fernmeldeunion (ITU) auf ein globales Instrument zur Verbrechensbekämpfung im Internet gedrängt. ITU-Generalsekretär Hamadoun Touré hatte zudem mehrfach dem Anspruch des Europarates widersprochen, die europäische Konvention zum globalen Standard zu machen.

Der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland, fragt in seinem Beitrag (PDF-Datei) für den UN-Crime-Kongress nach dem Sinn, sich auf jahrelange Verhandlungen bei der UN einzulassen, anstatt für den Beitritt zur Europaratskonvention zu werben. "Es ist doch effizienter, etwas umzusetzen, das schon vorliegt, als fünf bis sechs Jahre an etwas Neuem zu basteln", sagte Alexander Seger, Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität beim Europarat im Gespräch mit heise online.

Seger warnt auch, dass eine ganze Reihe von Ländern die laufende Umsetzung der Europaratskonvention in nationale Gesetze noch einmal aufschieben könnten. Insgesamt 46 Staaten haben die Konvention unterzeichnet, 26 davon das Abkommen auch ratifiziert. Seger schätzt, dass in rund 120 Ländern gesetzgeberische Aktivitäten laufen, die sich in irgendeiner Form auf die Konvention stützen. "Viele könnten dann auf die große Lösung warten."

Das UNODC räumt zwar ein, dass die Wirkung der Europaratskonvention über die eigentlichen Unterzeichner hinausreicht. Gleichzeitig weist das UN-Büro auf Widerstände einiger Länder hin, einer Konvention beizutreten, an deren Ausarbeitung sie nicht beteiligt waren. Ein Kritikpunkt an der Konvention von 2001 ist auch, dass sie angesichts neuer Bedrohungsszenarien ein bisschen altbacken ist. "Neuauflagen für die Konvention sind durchaus angebracht", sagt dazu Seger. Wer beitritt, erhalte auch das Recht, an der Fortschreibung der Konvention teilzunehmen. (vbr)