Shakti und Shiva: Zwei der frühesten Bausteine der Milchstraße entdeckt

Auch nach Milliarden Jahren verraten Sterne und Sternpopulationen noch einiges über die Geschichte der Milchstraße. Das zeigt sich nun nicht zum ersten Mal.

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Spiralgalaxie mit grünen Punkten in der Mitte und rosa Punkten weißter außen

Eine Darstellung der Milchstraße und jener Sternpopulationen, die "Shiva" (grün) und "Shakti" (rosa) zugeordnet werden.

(Bild: © S. Payne-Wardenaar/K. Malhan/MPIA)

Lesezeit: 3 Min.

Forscher des Max-Planck-Instituts haben zwei große Gruppen von Sternen in der Milchstraße identifiziert, die auf einige der frühesten Galaxien zurückgehen könnten, mit denen unsere Heimatgalaxie nach ihrer Entstehung verschmolzen ist. Diese proto-galaktischen Fragmente haben sie auf die Namen Shakti und Shiva getauft. Beide dürften vor 12 Milliarden bis 13 Milliarden Jahren mit einer noch in der Entstehung befindlichen frühen Version der Milchstraße kollidiert sein.

Für die Astronomie sei der Fund gleichbedeutend mit der Entdeckung der Spuren einer alten Siedlung unter einer großen Stadt in der Archäologie. Diese Stadt wäre in dem Vergleich unsere Milchstraße.

Gefunden wurden die beiden Fragmente von Khyati Malhan und Hans-Walter Rix. Die Astronomen erklären, dass Wasserstoffgaswolken in kollidierenden Galaxien instabil werden, wodurch neue Sternentstehungsregionen entstehen. Gleichzeitig bleiben aber auch die bereits existierenden Sterne bestehen und vermischen sich langsam. Trotzdem sei es inzwischen nicht mehr unmöglich, solche Populationen auch nach Jahrmilliarden auseinanderzuhalten. So unterscheiden die sich durch jeweils ungefähr dieselben ungewöhnlichen Werte für Energie und Drehimpuls. Das Alter wiederum lässt sich anhand der Zusammensetzung ermitteln. Je älter Sterne sind, desto geringer ist der Anteil an schweren Elementen, in der Astronomie sind die "metallarm".

Ermöglicht wurde diese galaktische Archäologie jetzt durch das ESA-Weltraumteleskop Gaia. Die beiden Forscher haben aus dessen Daten solche für sechs Millionen Sterne analysiert und die beiden Strukturen identifiziert. Es handelt sich um die ältesten Sternpopulationen abgesehen von dem sogenannten "armen alten Herz". So wird eine Population von besonders alten und metallarmen Sternen bezeichnet, die bei der allerersten Fusion unserer Heimatgalaxie entstanden sind und sich weiterhin in deren Zentrum befinden. Mit dem Gaia-Enceladus/Sausage-Sternstrom wurde außerdem schon vor Jahren ein weiterer Überrest einer Galaxienkollision in der Frühgeschichte der Milchstraße identifiziert. Der ist aber jünger als Shakti und Shiva.

Mit der jetzt in The Astrophysical Journal vorgestellten Entdeckung der beiden Galaxienüberreste wird unser Bild von der Entstehungsgeschichte unserer Milchstraße wieder etwas konkreter. Noch müssten aber weitere Analysen abgewartet werden, um wirklich sicherzugehen, dass es sich um Überreste anderer Galaxien handelt. Gleichzeitig bestätigt die Arbeit einmal mehr, wie wertvoll Gaia für die Astronomie ist. Das Instrument lichtet seit 2013 mit einer Gigapixelkamera den Sternenhimmel ab. Mittels Parallaxenmessung kann es auf seinem Weg um die Sonne die Position unzähliger Sterne sowie Galaxien und im Laufe der Zeit auch deren relative Bewegung genau bestimmen. Der jüngste Datensatz war, mit über 10 Terabyte, der größte jemals veröffentlichte der Astronomiegeschichte.

(mho)