Ukraine: Drohnenkrieg mit erhöhter Schlagkraft

Unteransicht der russischen Militärkampfdrohne "Lancet" gegen Wolken,

Bild: Anelo /Shutterstock.com

Russland rüstet auf: Shahed 136 und Lancet-Drohnen erhalten signifikante Verbesserungen in Reichweite und Sprengkraft. Die Kriegsführungsdynamik verschiebt sich.

Russland verbessert seine zwei bekanntesten und erfolgreichsten Drohnen. Sowohl die eigentlich aus dem Iran stammende Shahed 136, eine strategische Langstreckendrohne, als auch die aus dem Kalaschnikow-Konzern stammende Lancet-Drohne haben jeweils technische Upgrades erhalten.

Bemerkenswert ist, dass auf der russischen Webseite lostarmour.info jetzt die Zahl von 1.500 dokumentierten Lancet-Angriffen auf Ausrüstungsgegenstände der ukrainischen Streitkräfte dokumentiert wurde.

Es ist sogar möglich, dass die tatsächliche Anzahl der eingesetzten Lancet-Drohnen höher ist, als in den veröffentlichten Berichten angegeben. Denn die Zahlen von lostarmour basieren ausschließlich auf dokumentierten Videos.

Angriffswelle intensiviert: Lancet-Drohnen

Die dort veröffentlichten Statistiken zeigen, dass bei 768 Angriffen auf militärische Ausrüstung diese nur teilweise zerstört wurde. Dagegen konnten 449 Fahrzeuge vollständig durch Lancet-Schläge vernichtet werden. Es gab aber auch 179 Fälle, bei denen unklar ist, ob das Ziel ganz zerstört oder nur beschädigt wurde. In weiteren 107 Fällen wurde der Angriff als erfolglos eingestuft.

Das häufigste Ziel von Lancet-Schlägen waren mit gezählten 342 Angriffen Artillerie-Geschütze. Zudem wurden zusätzlich 313 ukrainische Selbstfahr-Haubitzen durch Lancet-Drohnen angegriffen. Von diesen wurden allerdings nur 94 zerstört, 163 wurden lediglich beschädigt.

Insgesamt attackierten Lancets 268 Panzer, davon wurden 175 Panzer nur beschädigt.

Augenfällig ist der verstärkte Einsatz der Waffe seit Beginn dieses Jahres. Seit Anfang 2024 hat die russische Armee ihre Angriffe mithilfe der Drohne verstärkt. Die Website lostarmour meldete 626 Angriffe im Jahr 2024, was fast 42 Prozent aller Angriffe entspricht.

Demnach gab es den intensivsten Einsatz der Lancet im Juli und August 2023 mit immerhin 260 dokumentierten Angriffen. Im ersten Jahr des Krieges wurden nur 100 Einheiten der Lancet eingesetzt, also von Februar bis Dezember 2022.

Gesteigerte Produktion?

Das lässt auf eine gesteigerte Produktion durch den Kalaschnikow-Konzern schließen. Ein behaupteter Angriff der ukrainischen Streitkräfte auf die Produktionsanlagen scheint nicht erfolgreich gewesen zu sein.

Laut des Militärblogs Bulgarianmilitary haben russische Truppen jetzt damit begonnen, eine neue Version der Kamikaze-Drohne einzusetzen. Diese soll eine Flugdauer von einer Stunde und einen Sprengkopf mit über fünf Kilogramm statt maximal 40 Minuten und drei Kilogramm Gewicht aufweisen.

Zudem sei der Ausstoß der erfolgreichen Drohne laut russischen Quellen verdreifacht worden.

Ukraine und Iran: Nachbau der Lancet

Die Lancet ist militärisch derart erfolgreich, dass sowohl die Ukraine also auch der Iran versuchen, das Design der Drohne zu kopieren. Erst vor rund zwei Wochen gelang es der Ukraine, eine augenscheinlich nahezu unbeschädigte Lancet in die Hände zu bekommen.

Sie soll durch Mittel der Elektronischen Kriegsführung zum Absturz gebracht worden sein und jetzt untersucht werden. Ukrainische Ingenieure arbeiten schon seit einiger Zeit an einer Kopie der Kalaschnikow-Drohne. Im Februar gab die Ukrainska Pravda an, dass erste Entwürfe der ukrainischen Kopie bereits getestet würden.

Die indische Plattform Adda247 berichtet von einer iranischen Variante der Lancet, die ganz ähnliche Spezifikationen aufweisen soll und in ihrem Design dem russischen Original sehr ähnlich sehe.

Selbst Russland arbeitet mit der Scalpel an einer günstigeren Kopie ihrer eigenen Lancet-Drohne. Die Serienproduktion soll laut des ukrainischen Fachportals Militarny in diesem Jahr beginnen und 1.000 Einheiten noch in 2024 hergestellt werden.

Drohne Scalpel: Reichweite von 40 Kilometern

Die neue Drohne soll analog zum Original fünf Kilogramm wiegen, eine Reichweite von 40 Kilometern haben und 120 km/h schnell fliegen. Sie soll eine Nutzlast von fünf Kilogramm und ein Startgewicht von insgesamt 10,5 kg haben.

Es scheint, dass auch die Shahed 136, die seit einiger Zeit im russischen Alabuga hergestellt wird und in Russland Geran-2 genannt wird, gewisse Verbesserungen erfahren hat. Das berichtet das Fachmagazin Armyrecognition.

Demnach soll sowohl die Reichweite als auch die Nutzlast verbessert worden sein. Besonders die Nutzlast konnte signifikant von 50 Kilogramm auf 90 Kilogramm erhöht werden, was annähernd eine Verdoppelung der Sprengkraft bedeuten würde. Die Reichweite soll um 140 Kilometer verbessert worden sein. Bisher hat sie angeblich über 2.000 Kilometer betragen.

Neben den Verbesserungen bei der Nutzlast und bei der Reichweite wurden angeblich Veränderungen am Design der Drohne vorgenommen worden sein, um die Gewichtsverteilung zu optimieren und die aerodynamischen Eigenschaften zu verbessern.

Update der Geran-2-Drohne

Darüber hinaus berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrainian National News, dass die russische Geran-2 nun so modifiziert werden soll, dass sie wie die Lancet auch gegen bewegliche Ziele eingesetzt werden kann.

Bisher wurde die Drohne ausschließlich gegen unbewegliche Ziele wie Infrastruktureinrichtungen eingesetzt. Und das in Massen, wie der Telegram-Kanal des Luftwaffenkommandos der ukrainischen Streitkräfte aufzeigt.

Wenn man sich dort die Bilder anzeigen lässt, so bekommt man einen ziemlich guten Überblick über die Einsatz-Häufigkeit der Gerna-2 Drohnen. Die Abschusszahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da die Kommunikation dieser Zahlen eine Maßnahme im "Informationsraum" darstellt und eher zur Erbauung der ukrainischen Bevölkerung bestimmt sind. Stand heute ist davon auszugehen, dass es im April an 20 Tagen zu Angriffen durch Geran-2 gekommen ist.

Um bewegliche Ziele bekämpfen zu können, soll die Geran-2 durch den Zukauf von chinesischer Technologie modifiziert werden.

Aus dem Artikel der Ukrainian National News geht hervor, dass russische Spezialisten bereits Kommunikationsmodule direkt in China getestet haben sollen. Bei den Tests sollen HD-Videos über einen Repeater in einer Entfernung von 220 km mit einer Verzögerung von 60 ms empfangen worden sein.

Entwicklungs- als auch Fertigungspotential

In dem oben erwähnten Bericht von Armyrecognition ist ein Foto der Geran-2 Produktionsfläche zu sehen. Mehrere Dutzend fertige Drohnen sind in der Halle aufgereiht, und im Hintergrund sieht man die Drohnenproduktion, die handwerklich an Stationen erfolgt. Auf dem Bild ist weder Roboter- noch Fließbandfertigung zu sehen.

Die beiden nebeneinanderliegende Produktionshallen haben aber immerhin eine Fläche von knapp 15.000 Quadratmeter. Zum Vergleich dazu hat das Werk der deutschen Panzerschmiede Krauss-Maffei am Hauptstandort München, wo der deutsche Leopard-2-Panzer-zusammengebaut wird, nur etwa 31.000 Quadratmeter und ist damit nur etwa doppelt so groß wie das russische Drohnenwerk.

Das bedeutet, dass Russland nach der Optimierung der Fertigungsprozesse die Produktion wahrscheinlich noch deutlich erhöhen kann. Und so entwickelt es seine Drohnentechnologie laufend weiter. Besonders die Geran-2 ist eine militärisch interessante Plattform, die weiterhin sowohl ein großes Entwicklungs- als auch Fertigungspotential aufweist.