Fußball-WM wird live in 3D übertragen

In Hollywood ging es los, nun ist auch unter Fußballfunktionären das 3D-Fieber ausgebrochen. Zwei TV-Sportkanäle haben sich bereits die Rechte gesichert, Kinos sind interessiert.

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Von
  • Holger Dambeck

Seit "Avatar" gelten dreidimensionale Bilder als das kommende große Geschäft für Filmproduzenten, Kinos und TV-Gerätehersteller. Nun springt auch der Weltfußballverband auf den 3D-Zug auf – rechtzeitig vor der Weltmeisterschaft in Südafrika, die am 11. Juni beginnt. Weltweit werden insgesamt 25 Spiele dreidimensional live übertragen und bei ausgewählten Public Viewings gezeigt, teilte die Fifa mit. Darunter sind unter anderem zwei Vorrundenspiele des deutschen Teams, die beiden Halbfinalbegegnungen und das Finale.

Laut Fifa haben bereits zwei TV-Sender die Rechte für die 3D-Liveübertragungen erworben: ESPN in den USA und Sogecable in Spanien. Derzeit werde mit weiteren namhaften Kanälen verhandelt, sagte Niclas Ericson, Direktor für TV bei der Fifa. "Wir gehen davon aus, dass wir in Kürze weitere Partner bekannt geben können."

Produziert werden die 3D-Bilder von Sony. Das Unternehmen setzt pro Spiel sieben Stereokameras ein. Der japanische Elektronik- und Medienkonzern will nach der WM auch eine Blu-ray-Scheibe in 3D mit den WM-Höhepunkten verkaufen.

Trotz aller Euphorie dürfte dreidimensionaler WM-Fußball live jedoch nur in wenigen Wohnzimmern zu sehen sein. Es gibt nämlich noch nicht einmal einen Standard für 3D-Fernsehen, verabschiedet wurde bislang nur eine Spezifikation für Blu-ray.

Außerdem besitzt kaum jemand einen 3D-tauglichen Fernseher. Die Massenproduktion der schon seit Jahren immer wieder aufs Neue angekündigten Geräte hat gerade erst begonnen. Fast alle Hersteller setzen auf herkömmliche LCD- oder Plasma-Geräte, die abwechselnd das Bild für rechtes und linkes Auge anzeigen. Zuschauer müssen Shutterbrillen tragen, die synchron dazu rechtes und linkes Brillenglas dunkel schalten.

Kinos nutzen zur 3D-Darstellung eine andere Technologie: Die Digital-Projektoren arbeiten mit unterschiedlich polarisiertem Licht, Zuschauer setzen Brillen mit Polarisationsfiltern auf. Diese Brillen sind sehr billig – im Gegensatz zu den Shutterbrillen für TV-Geräte, die derzeit noch um die hundert Euro kosten und zudem eine Batterie benötigen.

Mehrere TV-Sender haben bereits testweise Fußballspiele live in 3D übertragen. So zeigte Sky Deutschland im März in München vor ausgewähltem Publikum, darunter Franz Beckenbauer und DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, das Spiel Bayer Leverkusen – HSV. Über künftige Pläne, etwa wann Sky Deutschland einen 3D-Kanal startet, ist noch nichts bekannt.

Anders in Großbritannien: Dort überträgt Sky seit Anfang April Spiele der Premiere League in mit 3D-Fernsehern ausgestatteten Pubs. Die Displays stammen von LG und arbeiten anders als die meisten 3D-Fernseher mit polarisiertem Licht, sodass Pub-Besitzer keine teuren Shutterbrillen anschaffen müssen. Im Herbst will der Pay-TV-Anbieter den neuen Kanal Sky 3D starten und somit auch in die Wohnzimmer der Briten. Die bereits eingesetzte Settopbox Sky+HD ist nach Angaben des Senders 3D-kompatibel. Zuschauer benötigen nur noch einen 3D-tauglichen Fernseher und zugehörige Shutterbrillen.

Deutsche Fußballfans können die WM-Spiele womöglich in Kinos in 3D anschauen. Die Fifa hat das Schweizer Unternehmen Aruna mit der Vermarktung der Rechte für Lichtspielhäuser beauftragt. Aruna plant die Liveübertragung von WM-Spielen in 26 Ländern. Interessiert an den 3D-Bildern aus Südafrika ist unter anderem die deutsche Kinokette Cinemaxx. "Die Zeit ist reif dafür", sagte Sebastian Reichert, technischer Leiter bei der Kinokette gegenüber Technology Review, in deren aktueller Ausgabe 04/10 (am Kiosk oder portofrei online hier zu bestellen) die dreidimensionale Aufrüstung der Unterhaltungsindustrie ein Titelthema ist. (bsc)