Untersuchung: Welche Drohnen-Systeme eignen sich zur Windenergieernte?

Luftgestützte Windenergiesysteme könnten effizienter arbeiten als Windkraftanlagen. Dazu müssen die Designs aber verbessert werden.

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Kitemill-Drohne erzeugt Energie durch bodengestützte Turbine.

Das AWES von Kitemill erzeugt Energie mit einer bodengestützten Turbine.

(Bild: Kitemill)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Forschungsteam der University of Bristol untersucht derzeit, welche luftgestützten Windenergiesysteme mit Drohnen (Airborne Wind Energy Systems – AWES) das größte Potenzial haben, um kommerziell eingesetzt zu werden. Dazu hat das britische Engineering and Physical Sciences Research Council dem Dozenten für Flugdynamik und -steuerung Duc Nguyen 375.000 Britische Pfund zur Verfügung gestellt.

"Die Windenergie aus der Luft hat ein enormes Potenzial und soll bis 2050 jährlich Strom im Wert von 70 Milliarden Euro erzeugen", sagt Nguyen. Zugleich räumt der Wissenschaftler ein, dass AWE-Systeme bislang damit kämpfen, ihr angebliches Potenzial auszuschöpfen. So wurden Testflüge mit neuen Systemen vorschnell angesetzt, bevor ihre genauen Flugeigenschaften überhaupt verstanden worden seien. Viele dieser Prototypen seien deshalb nicht an ihre Grenzen gebracht worden und haben daher im Betrieb nicht ihre volle Leistungsfähigkeit erreichen können. Dies habe zu einer vorzeitigen Beendigung der Programme geführt und die Kommerzialisierung behindert.

Nguyen will nun verschiedene AWES auf ihr Energieerzeugungspotenzial untersuchen. Dabei gibt es verschiedene Konzepte, wie Drohnen bodennah zur Energieernte eingesetzt werden können. Ein Konzept sieht etwa vor, dass eine Tragflächendrohne an einem Seil befestigt im Wind fliegt. Die Drohne übt dabei Zug auf das Seil aus. Die dabei entfaltete Energie kann dann mittels einer bodengestützten Turbine umgesetzt werden.

Ein weiteres Konzept sieht vor, dass eine Tragflächendrohne, ebenfalls an einem Seil befestigt, im Wind fliegt und dabei mit bordeigenen Turbinen Energie gewinnt. Dabei fliegt sie regelmäßige Muster, um die Energiegewinnung besser umsetzen zu können. Die Energie gelangt per Kabel zur Erde.

Ein anderes Konzept basiert auf einer Drohne in Form eines Drachens. Er rotiert im Wind und schickt die dabei entstehende Energie über ein Kabel zum Boden.

Der Vorteil dieser Techniken liegt auf der Hand: Die AWES können nahezu beliebig hoch aufsteigen und somit in windigeren Luftschichten eingesetzt werden. Das ermöglicht eine bessere Energieausbeute. Im Vergleich dazu sind statische, bodengestützte Windkraftanlagen weniger effizient. Zudem benötigen AWES weniger Platz. Sie sind oft in der Lage, ihre Flugmuster autonom mehrere Tage ohne Überwachung durchzuführen.

Nguyen will nun das entscheidende Problem der AWES angehen und ihre Designs perfektionieren. Das soll etwa dazu führen, dass die Flugeigenschaften der Drohnen und damit deren Energiegewinnung verbessert werden. Nguyen denkt hierbei in erster Linie an Methoden der "Bifurkation und Kontinuität". Dabei handelt es sich um numerische Techniken, die in der Flugzeugkonstruktion eingesetzt werden, um Schwingungen, Flattern und Trudeln zu verhindern. Nguyen ist davon überzeugt, dass diese Methoden sich auch auf Drohnen anwenden lassen, um deren Flugeigenschaften besser vorhersagen zu können.

Das könnte dazu führen, dass die Drohnen effizienter konstruiert und mögliche Abstürze vermieden werden. Außerdem könnte dadurch auch die Flugsteuerung verbessert werden. Testflüge könne der Einsatz von Bifurkation und Kontinuität allerdings nicht ersetzen, räumt Nguyen ein. Er sieht sie eher als begleitendes Element für die Testflüge an.

Als kommerziellen Forschungspartner hat Nguyen das norwegische Unternehmen Kitemill gewinnen können. Das Unternehmen entwickelt ein AWES mit einer passiven Drohne, die durch Zug über ein Seil Energie mit einer bodengestützten Turbine gewinnt. Mit deren System beabsichtigt Nguyen seine "Bifurkation und Kontinuität"-Methode zu testen. Er will damit herausfinden, ob die Methode in der Realität unerwünschte Flugeigenschaften voraussagen kann.

Derzeit würde die Leistung solcher Systeme etwa bei 25 kW liegen. Diese Leistung soll in den kommenden Jahren gesteigert werden. Kitemills nächste AWES-Generation soll bereits für mehr als 100 kW ausgelegt sein. Ob diese Systeme allerdings flächendeckend eingesetzt werden können, davon ist auch Nguyen nicht gänzlich überzeugt: "Die endgültige Anwendung von AWES wird noch erforscht." Wahrscheinlicher ist es, dass die Systeme dort zum Einsatz kommen, wo herkömmliche Windkraftwerke keinen hohen Ertrag einbringen.

(olb)