Schneller und mehr Datenschutz? | Tiny11, Atlas & ReviOS im Test

Machen Tiny11, Atlas und ReviOS Windows tatsächlich schneller? Wir haben nachgemessen.

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Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen
Inhaltsverzeichnis

Tiny11, Atlas und ReviOS versprechen ein schlankeres, schnelleres Windows. Tiny11 entfernt Bloatware und ermöglicht lokale Konten ohne Microsoft-Zwang. Atlas und ReviOS sollen obendrein mehr Performance und Datenschutz bieten. Wir haben Benchmarks gemacht: Tiny11 startet schneller, Atlas und ReviOS bieten kleine Performancegewinne – allerdings auf Kosten der Sicherheit.

(Hinweis: Dieses Transkript ist für Menschen gedacht, die das Video oben nicht schauen können oder wollen. Der Text gibt nicht alle Informationen der Bildspur wieder.)

Guckt mal hier, so sieht eine normale Windows 11-Installation aus. Ich habe mitgezählt: Man muss über 30 Mal klicken, und ständig wird versucht, einem irgendwas aufzudrängen – gerne auch kostenpflichtige Abos wie Office oder ein OneDrive-Abo. Auch im installierten Windows gibt es viel Zeug, das viele nicht haben wollen. Hier, Clipchamp will uns auch ein Abo aufschwatzen, Xbox-Abo und so weiter. Außerdem: Ohne Microsoft-Account kann man Windows 11 gar nicht mehr installieren, zumindest nicht ohne Rumtrickserei.

Und jetzt guckt euch dieses Windows 11 hier mal an. Ja, die Installation geht mit weniger als halb so vielen Klicks, mir wird nichts aufgeschwatzt, ich kann auch einfach ein lokales Konto anlegen, ohne Onlinezwang, und die Installation braucht nur 43 Gigabyte statt 50. Ja, fragt ihr euch jetzt, wie hast du das denn gemacht? Was ist das denn für schwarze Magie? Tiny11 heißt das Ganze und ist Open Source. Und dann gibt es auch noch Atlas und ReviOS. Diese versprechen nicht nur ein cleaneres Windows ohne die ganze Bloatware, sondern auch eine höhere Framerate beim Spielen und geringere Eingabeverzögerung.

Wir haben uns das alles mal ganz genau angeguckt, dabei sehr interessante Sachen herausgefunden und auch ganz viele Benchmarks gemacht – mit drei unterschiedlichen Rechnern. Bleibt dran. Ach so, und kauft uns gerne diese tolle 3003-Tasche ab. 14,90 Euro.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei…

Schon seit einiger Zeit fragt ihr uns immer wieder mal, ob wir etwas über die zurzeit ziemlich angesagten Schrumpf-Windows machen können. Ja, das machen wir jetzt endlich. Wir haben uns dafür ein bisschen mehr Zeit gelassen, weil ich ehrlich gesagt nicht so einen Schnellschuss raushauen wollte und weil ich unbedingt abwarten wollte, was die Windows-Experten von der c’t herausfinden. Und das war gut, weil die ziemlich viel herausgefunden haben.

Wir haben uns auf drei Schrumpf-Windows beschränkt: Tiny11, Atlas und ReviOS. Atlas und ReviOS funktionieren so, dass sie eine vorhandene Windows-Installation modifizieren, und das machen sie mit sogenannten Playbooks. Das sind grob gesagt Skriptsammlungen, also Sammlungen von unter anderem PowerShell-Befehlen, um Dinge zu entfernen. Diese Befehle sind auch ganz offiziell von Microsoft dokumentiert. Und diese Playbooks lässt man mit der Software AME Wizard laufen. Und ja, dieses Programm nutzen sowohl Atlas als auch ReviOS. Sie unterscheiden sich nur in den Playbooks, also diesen Skriptsammlungen. Es ist übrigens alles Open Source, sowohl die Playbooks als auch der AME Wizard. Man kann also in die Befehle auch selbst vorher reingucken. Ein Playbook ist nämlich einfach ein mit 7-Zip gepacktes Archiv. Das Passwort ist immer “malte”. Kleingeschrieben. Klingt kurios, ist aber wirklich so.

Ja, und wie gesagt, man startet dann einfach den AME Wizard, zieht das Playbook darauf, muss manuell alle vier Windows-Sicherheitseinstellungen ausschalten. Dann kann man noch ein bisschen einstellen, und dann rödelt der Rechner ungefähr 10 Minuten herum und fertig. Aber direkt mal eine Warnung vorab: Auf keinen Fall einfach starten, um mal zu gucken, was passiert. Auf keinen Fall! Backup vorher machen und vielleicht auch die ganze Windows-Installation sichern. Denn habt im Hinterkopf, dass euer Windows nach dem Ausführen des Playbooks eventuell nicht mehr funktioniert. Sowohl Atlas als auch ReviOS empfehlen, das mit einem ganz frisch installierten Windows zu machen, also auch mit allen eingespielten Updates. Es kann auch mit einem schon länger genutzten Windows funktionieren, ist aber auf jeden Fall riskanter. Also unbedingt Backup machen.

Ich gehe jetzt erst einmal die drei Projekte durch und zeige euch danach unsere Messungen, also ob Windows tatsächlich schneller geworden ist.

Einen anderen, einfacheren Weg als die anderen beiden geht Tiny11, weshalb wir damit anfangen. Tiny11 modifiziert keine vorhandene Windows-Installation, sondern setzt schon bei der Installationsdatei an. Ihr holt euch ganz normal bei Microsoft die aktuelle Windows-ISO, doppelklickt sie, dann mountet Windows sie als Laufwerk, holt euch bei GitHub den aktuellen Tiny11 Builder, packt die Dateien aus dem Tiny11 Builder-Archiv aus, öffnet ein Terminal mit Admin-Rechten und startet dann das vorher ausgepackte Skript tiny11maker.ps. Dann kriegt ihr so eine Sicherheitswarnung, die müsst ihr einmal mit M bestätigen. Dann müsst ihr den Laufwerksbuchstaben eingeben, auf dem Windows das Image gemountet hat, das könnt ihr im Explorer sehen, bei mir ist es D. Ja, und dann müsst ihr nur noch auswählen, welche Windows-Variante ihr haben wollt. Ich habe Pro genommen. Dann arbeitet das Skript ziemlich lange, und am Ende kommt ein verkleinertes ISO dabei heraus. Wenn ihr im Terminal Fehlermeldungen sehen solltet, ist das kein Problem, zumindest bei mir hat trotzdem alles wunderbar funktioniert.

Diese ganzen Dinge sind bei Tiny11 nicht mehr dabei. Ich lese jetzt mal nicht die ganze Liste vor, aber unter anderem fehlen Edge, Clipchamp, Muse und OneDrive. Vor allem erlaubt euch das modifizierte ISO bei der Installation direkt einen lokalen Benutzer anzulegen, statt euch zwingend in einen Microsoft-Account einloggen zu müssen. Ja, und das ist dann einfach ein komplett normales Windows – nur halt ohne diesen ganzen Kram. Und ich finde, es ist wirklich genau das Zeug, auf das sehr viele Leute verzichten können, mich eingeschlossen. Wenn man dann doch etwas von den weggelassenen Sachen haben will, kann man die einfach über den Windows Store nachinstallieren. Bei meinem Test hat alles problemlos funktioniert. Das Einzige war, dass Windows die interne Suchfunktion hart mit dem Edge-Browser verdrahtet zu haben scheint. Auch als ich im Store Firefox als Standardbrowser installiert hatte, gingen Internetsuchanfragen über die Windows-Suchleiste ins Leere. Aber ehrlich gesagt benutze ich die Funktion sowieso nie, deswegen war es nicht so schlimm für mich.

Ich habe bei Tiny11 auch mal alle Updates installiert, die mir angeboten wurden, ein bisschen mit dem System gearbeitet und dann geguckt, wie viel Platz es einnimmt. Ungefähr 43 Gigabyte, das sind etwa 7 Gigabyte weniger als bei einem unmodifizierten Windows. Wenn es euch wirklich nur um das Entfernen von Bloatware geht und ihr bei der Installation nicht gezwungen werden wollt, euch in ein Microsoft-Konto einzuloggen, ist Tiny11 durchaus geeignet und macht auch sehr wenig kaputt. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass Tiny11 lange funktional bleibt und nicht durch Updates kaputt gemacht wird, ist nicht gering. Es gibt übrigens auch noch ein Extrem-Tiny11, da werden noch viel mehr Sachen rausgepatcht. Das heißt Tiny11 Core, und die Macher sagen selbst, Core ist kein 100%iger Windows-Ersatz, sondern eine experimentelle Software, zum Beispiel für platzsparende Windows-VMs. Hier seht ihr die Größen der ISOs, nachdem die Tiny11-Skripte rübergelaufen sind: 6,6 Gigabyte ist das Original-ISO von Microsoft groß, dann hier das normale Tiny11 mit 4,5 Gigabyte und hier Tiny11 Core mit 2,8 Gigabyte.

Falls ihr den c’t- bzw. Heise+-Artikel über die Schrumpf-Windows gesehen habt und euch wundert: Hä, da wird doch ausdrücklich vor Tiny11 gewarnt? Ja, das kann ich euch erklären. Als der Artikel recherchiert wurde, gab es Tiny11 noch nicht als Builder-Skript, sondern nur als fertige ISO-Datei, die man sich von Archive.org herunterladen musste. Da haben die Kollegen natürlich zu Recht gesagt: Macht das nicht, das ist unsicher, weil man nicht weiß, was da drin ist. Es ist eine Grundregel, Betriebssystem-ISOs nur bei vertrauenswürdigen Quellen herunterzuladen. Archive.org ist zwar generell keine nicht vertrauenswürdige Quelle, aber es können halt alle ihr Zeug auf Archive zum Herunterladen anbieten. Aber mit diesem neuen Builder-Skript, das Open Source ist, kann man genau sehen, was gemacht wird, und als Basis wird ein von Microsoft heruntergeladenes, hochoffizielles ISO verwendet. Also, ich sage mal, kann man auf jeden Fall machen, auch wenn immer das Risiko besteht, dass durch künftige Windows-Updates irgendwas kaputt geht. Bei unserem Testlauf ging alles problemlos durch, es kamen dutzende Updates an, und die liefen alle problemlos durch.

So, jetzt aber zu Atlas, das deutlich mehr als Tiny11 ändert und löscht. Befährt man dieses Playbook, werden erstmal etliche Fragen gestellt. Ob man zum Beispiel den Defender eingeschaltet haben will, was man unbedingt bejahen sollte – zumindest, wenn der Rechner am Netz hängt. Ganz ohne Malware-Schutz ist halt doof. Nach der Installation und allen Updates waren auf der SSD nur noch 29 GB belegt, also 42% weniger als beim Standard-Windows. Außerdem wird Windows in den Dunkelmodus geschaltet, und es gibt ein neues Hintergrundbild. Damit man sofort sieht: Das ist hier kein normales Windows, ne ne ne, das ist Atlas. Auf dem Desktop liegt auch eine Verknüpfung zu einem Ordner namens Atlas, da kann man noch etliche Sachen einstellen, extrem viel sogar. Zum Beispiel das Boot-Logo ausstellen oder eben die Windows-Updates. Es gibt auch Links auf recht lesenswerte Anleitungen auf der Atlas-Website. Was auch ziemlich hübsch ist: Im Ordner Software gibt es ein Skript, mit dem man sich eine Grundausstattung an Tools zusammenklicken und dann in einem Rutsch durch den Windows-eigenen Paketmanager WinGet installieren lassen kann.

In puncto Sicherheit hinterlassen die Atlas-Vorgaben eher ein gemischtes Bild. Der Defender ist zwar aktiv und die Einstellungsseite lässt sich auch aufrufen – warum ich das jetzt so betone, seht ihr gleich. Aber alle Defender-Bestandteile, die Daten an Microsoft senden könnten, sind ausgeschaltet. Cloud-gestützte Analysen gibt es damit überhaupt nicht. Automatische Windows-Updates sind aktiviert und funktionieren auch. Die Ausführungsrichtlinie der PowerShell ist auf “Unrestricted” gelockert. Das wahrscheinlich größte Sicherheitsproblem ist der Regler der Benutzerkontensteuerung (UAC). Die UAC wurde um eine Stufe nach unten geschoben, sodass der Bildschirm während UAC-Abfragen nicht mehr abgedunkelt wird.

Die Liste der installierten Apps im Startmenü hat sich wirklich mehrfach verringert. Was genau Atlas entfernt, ist hier zu sehen. Das stammt aus der FAQ auf der AtlasOS-Website. Ein Blick in den Task-Manager zeigt, dass auch die Anzahl der im Hintergrund laufenden Prozesse deutlich geschrumpft ist – in unserer Stichprobe von rund 130 auf 69. Das System fühlt sich auch subjektiv ein bisschen schneller an als vorher.

ReviOS funktioniert wie gesagt genauso wie Atlas: Playbookdatei auf den AME Wizard werfen, fertig. Kuriosität am Rande: Die Playbookdatei liegt zwar auf GitHub, also auf der ReviOS-Projektseite unter Releases, die Macher bitten aber darum, die Datei von einer ziemlich windigen, mit Werbung total vollgestopften Seite herunterzuladen. Auf diese Seite wird auch auf der ReviOS-Website verlinkt. Fand ich ein bisschen kurios, weil es bei ReviOS ja stark darum geht, dem Überwachungskapitalismus zu entfliehen – also von Microsoft, aber dann wird die Software auf einer Seite gehostet, die mit aktiviertem uBlock Origin gar nicht mehr funktioniert. Also ja, ein bisschen inkonsequent. Aber naja, zumindest gehen sie da transparent mit um, und wenn man die Datei anklickt, dann steht da ja auch: Leute, die Datei gibt’s auf GitHub, wenn ihr uns einen Gefallen tun wollt, dann ladet sie hier herunter.

Also: Playbook auf den AME Wizard werfen und los geht’s. Auch ReviOS fragt etliche Optionen ab, noch mehr als Atlas. ReviOS nimmt am Ende deutlich weniger Platz auf dem Datenträger ein als Vanilla-Windows – und zwar 27 GB statt 50, also fast nur noch die Hälfte. Bei ReviOS geht es aber nicht nur um weniger Speicherplatz, sondern vor allem um die Privatsphäre. ReviOS verändert auch das Erscheinungsbild, unter anderem mit einem anderen Hintergrund. Außerdem gibt es das Revision Tool auf dem Desktop, mit dem man auch im Nachhinein etliche Sachen anpassen kann. Das kann man sogar auf Deutsch laufen lassen. Standardmäßig abgeschaltet sind die Windows-Updates, was wir nicht sonderlich sinnvoll finden. Geht man dann auf die Update-Seite in den Einstellungen, steht da: “Bis 19. Januar 2083 ausgesetzt.” Man kann das sogar so radikal machen, dass die Update-Seite gar nicht mehr angezeigt wird. Will man wieder Updates haben, muss man im Revision Tool “Windows Updates anhalten” auf “Aus” stellen.

Der Windows Defender war bei unserer Installation standardmäßig ausgeschaltet. Was da genau läuft und was nicht, lässt sich dann weder nachprüfen noch ändern, denn der Versuch, die Windows-Sicherheit über die Einstellungen zu öffnen, endet in einem leeren Fenster. Schaltet man den Defender aber über das Revision Tool wieder an, wird das Sicherheitsfenster in den Einstellungen auch wieder angezeigt. Die Ausführungsrichtlinie der PowerShell fasst ReviOS gar nicht an, ebenso wenig wie die Benachrichtigungseinstellung der Benutzerkontensteuerung. Letztere lässt sich aber im Revision Tool komplett ohne Warnung mit einem Klick ausschalten. Wie Atlas entfernt ReviOS die meisten in Windows mitgelieferten UWP-Apps, das Startmenü enthält da nur noch wenige Einträge. Beim Aufräumen der laufenden Dienste und Hintergrundprozesse ist ReviOS noch ein kleines bisschen gründlicher als Atlas – da haben wir 64 Prozesse statt 69 gezählt. Subjektiv haben wir aber keinen Unterschied zu Atlas festgestellt.

Jetzt aber der Teil, auf den wir alle gewartet haben: Ist das jetzt messbar schneller? Die c’t-Kollegen haben sehr viele Benchmarks gemacht – mit drei unterschiedlichen PCs. Ihr könnt hier gerne mal auf Pause drücken und euch die Tabelle in Ruhe ansehen. Was ich schon mal sehr interessant finde, sind die Bootzeiten. Die Kollegen haben hier jeweils dreimal gestoppt, wie lange das dauert vom Auswählen des Betriebssystems bis zum Start des Edge-Browsers, des Media-Players und eines Bilderordners. Und ja, krasse Story: Bei allen drei Computern haben Atlas und ReviOS immer, in Klammern immer, länger gebraucht als das Vanilla-Windows. Das liegt vermutlich daran, dass die beiden Systeme darauf verzichten, das zuletzt genutzte Benutzerprofil vor der PIN- oder Passwort-Eingabe im Hintergrund vorab zu laden. Außerdem ist der Caching-Dienst Superfetch abgeschaltet. Das kann man hier sehen: SysMain in der Dienstliste der Computerverwaltung. ReviOS zum Beispiel sagt im Revision Tool, dass man das nur braucht, wenn man Windows auf einer Magnetfestplatte laufen hat. Wir haben es aber auf drei Rechnern mit SSD ausprobiert, und ihr seht ja an den Bootzeiten – gar nicht mal so verkehrt ist, dass das dadurch langsamer wird, wenn man das ausschaltet. Ist das schlau? Ja.

Tiny11 allerdings ist ein bis drei Sekunden schneller als das normale Windows. Bei den Performance-Benchmarks dagegen kann man tatsächlich bei ReviOS und Atlas Vorteile erkennen, allerdings auch nicht wahnsinnig krasse. Bei PCMark, der versucht, Alltags-PC-Arbeiten zu quantifizieren, ist der größte Unterschied zum Beispiel zwischen normalem Windows und ReviOS maximal 5%. In Spielen, wo wir darauf geachtet haben, vor allem ans CPU-Limit zu gehen, haben wir maximal 9% Verbesserung gesehen. Das war auch nur bei einem Messwert, nämlich beim CPU-Renderer bei Tomb Raider. In der Praxis sind moderne Spiele jedoch nicht CPU-limitiert, sondern da ist die Grafikkarte der Flaschenhals, und hier sind die Vorteile dann auch nochmal deutlich kleiner oder gar nicht vorhanden.

Man sollte sich vor allem ansehen, wie diese Geschwindigkeitsverbesserungen hergestellt werden – nämlich durch Abschalten des Defenders und der Spectre-Meltdown-Mitigations. Das waren ja CPU-Sicherheitslücken, die durch diese Mitigations geschlossen wurden. Und sowas wie die Kernisolierung bei Windows. Das sind alles Dinge, die wirklich ihre Daseinsberechtigung haben. Sie machen Windows tatsächlich sicherer. Die Frage ist: Lohnt es sich, für die paar Prozent Geschwindigkeitsgewinn – und das auch nur bei CPU-limitierten Anwendungen – auf Sicherheit zu verzichten?

Also mein Fazit: Ich kann total verstehen, wenn Leute ihr Windows von Bloatware befreien und das Datensendeverhalten verbessern wollen. Problematisch wird es jedoch, wenn sicherheitsrelevante Dinge abgeschaltet werden. Gerade Windows-Updates sind wichtig, um Sicherheitslücken zu stopfen. Dafür, dass man Microsoft weniger Daten gibt, ist man gegen alles andere, was nicht Microsoft ist, schlechter geschützt. Das sind zum Teil wirklich problematische Eingriffe ins System. Und wir haben ja auch gesehen, dass zum Beispiel das Booten langsamer wird. Warum will man das?

Ja gut, aber klar: Für diejenigen, die total Lust darauf haben, alles Mögliche selbst einzustellen, sind Atlas und ReviOS natürlich gut geeignet. Aber generell sagen nicht nur ich, sondern auch meine c’t-Kollegen, dass sich die Geschwindigkeitsgewinne im Vergleich zu den Sicherheitsabstrichen nicht lohnen. Außerdem besteht immer das Risiko, dass euer System irgendwann nicht mehr funktioniert, wenn neue Updates kommen und dadurch Inkompatibilitäten entstehen. Wenn euch Microsoft so sehr nervt und ihr ihnen keine Daten geben wollt, dann installiert doch lieber Linux. Da laufen inzwischen auch mindestens 90% aller Spiele drauf, und das auch gut. Tiny11 hingegen ist eine durchaus sinnvolle Alternative. Das Skript, das die offizielle Microsoft-ISO patcht, umfasst nur etwa 400 Zeilen. Man muss kein IT-Experte sein, um zu verstehen, was dort genau passiert. Ich finde Tiny11 wirklich cool, weil es genau den Kram aus Windows entfernt, der mich nervt. Auch die Installation wird deutlich vereinfacht, da man keinen Abo-Kram mehr angezeigt bekommt und keinen Microsoft-Account-Zwang mehr hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tiny11-Windows durch Updates kaputt geht, ist auf jeden Fall geringer als bei Atlas und ReviOS, einfach weil unter der Haube weniger verändert wird. Wie seht ihr das? Stimmt ihr zu oder findet ihr ReviOS und Atlas super? Nutzt ihr diese Systeme schon? Habt ihr gute Erfahrungen damit gemacht? Schreibt gerne in die Kommentare. Tschüss.

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(jkj)