Butter aus Luft: Forscher fangen CO₂ ein und machen daraus künstliches Fett

Eine Gruppe von US-Wissenschaftlern zeigt, dass CO₂ als Grundstoff für synthetische Milchprodukte dienen kann. Ex-Microsoft-Boss Gates hat investiert.

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Butter vor einem Hintergrund in Pink

Butter vor einem Hintergrund in Pink.

(Bild: Shutterstock)

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Landwirtschaft mit Milchvieh gilt als wenig nachhaltig. Kühe brauchen Platz, große Mengen an Futter und Wasser und sind zudem erstaunlich fleißige Erzeuger von Methanemissionen. Eine Forschergruppe aus den USA will Teile der Produkte, die bislang von Wiederkäuern kommen, deshalb nun mit einer besonderen Methode ersetzen: Das Auffangen von CO₂ aus der Luft soll mit der Erzeugung klimafreundlicher Lebensmittel kombiniert werden.

Wie der New Scientist berichtet, wurde das Verfahren im Herbst 2023 im Journal Nature Sustainability erstmals vorgestellt – in einer Studie mit dem Titel "Foods without Agriculture" ("Nahrung ohne Landwirtschaft"). Hinter dem Projekt stehen Erdsystemforscher Steven J. Davis von der University of California, Irvine, Kathleen Alexander, die damals bei Orca Sciences arbeitete, und weitere Kollegen an Hochschulen in Waterloo und Shenzhen sowie bei Breakthrough Energy. Orca und Breakthrough sind beides Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Washington, die von Microsoft-Mitgründer Bill Gates finanziell angeschoben wurden.

Das Vorhaben wurde jetzt im Start-up Savor gebündelt. Das wirbt mit appetitlichen Bildern und dem Slogan "Feel Good Fats" ("Fette zum Wohlfühlen"): Ziel der Firma sei es, "köstliche und vielseitige Fette aus einem im Überfluss vorhandenen Rohstoff [herzustellen]: Kohlenstoff". Es handele sich dabei um "echte Fette", nicht um ein Ersatzprodukt. Gates, der auch an Savor beteiligt ist, schwärmte im Frühjahr persönlich von der Idee: In seinem Blog GatesNotes, aber auch in einem Video, das ihn beim Kochen zeigt.

Eines der ersten Produkte, die Savor anstrebt, ist eine Alternative zu Butter. Biologie brauche man dafür nicht, so Alexander zum New Scientist, die zum CEO des Start-ups berufen wurde und zuvor als Materialwissenschaftlerin und Consultant für Klimalösungen arbeitete, bevor sie bei Orca zum Projektdirektor wurde. Zwar gibt es mit Margarine längst einen (für viele Menschen weniger schmackhaften) Ersatz zu Butter. Aber auch diese gilt Savor als nicht nachhaltig genug, schließlich benötigt der Anbau ihrer Rohstoffe wie Pflanzenfett ebenfalls viel Fläche und Wasser.

Der Prozess, den Savor verwendet, erinnert eher an die Petrochemie als an die Lebensmittelbranche. Das Unternehmen bedient sich der Tatsache, dass Fette bekanntlich aus unterschiedlich langen Ketten aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen bestehen. Savor entnimmt nun CO₂ aus der Umgebungsluft, Wasserstoff aus Wasser, erhitzt und oxidiert sie und schafft so zusammen mit Glyzerin Triglyceride. Hinzu kommen Wasser und ein Emulgator, dann noch etwas Carotin für die Farbe. Den "grasigen" Geschmack soll ein Hauch Rosmarinöl liefern.

Gates, der sich beim Ausprobieren neuer nachhaltiger Produkte für wenig zu schade ist, probierte das Endprodukt auch schon aus. "Ich konnte nicht glauben, dass das keine Butter ist", ließ er sich zitieren. Auch beim Preis soll es nicht zu teuer werden. Laut Alexander könne man schon jetzt davon ausgehen, mit Butter konkurrieren zu können. Bevor es allerdings in den Laden geht – die USA sind als erster Markt angedacht –, muss eine behördliche Genehmigung her.

Savor-Chefin Alexander glaubt, dass der Umstieg auf synthetische Fettarten den Klimafußabdruck gegenüber regulärer Landwirtschaft halbieren könnte. Die CO₂-Entnahme aus der Luft ist da aber nur ein Nebeneffekt. Problematisch bleibt, ob Menschen ein solches Produkt kaufen und für gesund halten würden. Künstliche trans-Fettsäuren haben einen schlechten Ruf. Deshalb geht es Savor darum, ein gesundes Produkt zu schaffen, dass den Leuten "wirklich gut schmeckt". Hinzu kommt ein anderes Problem: die mögliche Disruption ganzer Wirtschaftsbereiche. "Obwohl das Hochskalieren solcher Synthesesysteme die Agrarwirtschaft stören könnte und von der Akzeptanz der Verbraucher abhängt, stellen die enormen potenziellen Treibhausgasreduktionen sowie die verringerte Land- und Wassernutzung eine realistische Möglichkeit dar, den ökologischen Fußabdruck der Landwirtschaft im kommenden Jahrzehnt zu kompensieren", schreiben Alexander und Co. in ihrem Paper.

(bsc)