Frequenzauktion: Die Rechnung kommt noch

Privatsender und Funkmikrofonhersteller erwarten große Probleme bei der Nutzung der "digitalen Dividende" aus dem Rundfunkbereich für mobile Breitbandanbindung und fordern die Einrichtung von Finanztöpfen, um den Nutzern zu helfen.

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Privatsender und Funkmikrofonhersteller erwarten große Probleme bei der Nutzung der "digitalen Dividende" aus dem Rundfunkbereich, die derzeit zusammen mit weiterem Spektrum bei der Bundesnetzagentur unter den Hammer kommt. Sie fordern daher die Einrichtung von Finanztöpfen aus den zu erwartenden milliardenschweren Erlösen, um den Nutzern zu helfen. Es habe von Seiten der Politik zwar bereits entsprechende Zusagen gegeben, sagte Sennheiser-Geschäftsführer Ties-Christian Gerdes am Dienstag auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig. Davon habe er aber "schon lange nichts mehr gehört".

Den Bedarf zum Abfedern der Umstellungsschwierigkeiten schätzt Gerdes auf "viele Millionen". Die von den Mobilfunkbetreibern geplanten neuen Sendeanlagen im besonders begehrten Bereich zwischen 790 bis 862 MHz erzeugten im Abstand von 40 Kilometern eine Feldstärke, die reiche, um Funkmikrofone zu stören. Betroffen seien rund 600.000 drahtlose Geräte hierzulande, welche die Branche in den vergangenen fünf Jahren verkauft habe. Diese seien etwa im Kulturbetrieb oder in Kirchen im Einsatz und dürften nach Einschätzung des Praktikers mehr oder weniger schwer beeinträchtigt sein.

Auch Heiko Zysk, Medienpolitik-Experte bei ProSiebenSat.1, plädierte dafür, dass die Milliarden "nicht nur im Finanzministerium verschwinden" sollen. Die Umwidmung der digitalen Dividende bezeichnete er als einen "Schnellschuss, den die Nutzer ausbaden werden". Für das Großprojekt hätte ein solides Fundament hochgezogen werden müssen, was die Politik aber versäumt habe. Noch sei nicht eindeutig geklärt, wo die DVB-T-Interferenzen lägen und welche Schutzabstände zu Empfangsgeräten einzuhalten seien. Es sei zudem sicher, dass die Mobilfunker beim Aufbau der Funktechnik LTE ihr Augenmerk verstärkt auch auf weitere, derzeit dem Rundfunk zugeteilte Frequenzbereiche werfe, wie dies in Finnland bereits der Fall sei. So werde das Rundfunkband "immer weiter zerstückelt". Zysk machte den Gegenvorschlag, eine digitale Dividende auch in klassischen Mobilfunkfrequenzen wie GSM 900 loszueisen und Interessenten zur Verfügung zu stellen.

Für die Mobilfunkbranche wies Harald Geywitz, Leiter Regierungsbeziehungen bei E-Plus, die Bedenken größtenteils zurück. Störungen bei DVB-T-Nutzern ließen sich durch kostengünstige Filter und Abschirmungen beheben. Zudem arbeite man mit Mikrofon-Herstellern zusammen, um Alternativen in bestehenden Puffern zwischen Up- und Downlinks zu nutzen. Es gebe Auflagen der Bundesnetzagentur, Interferenzen nach bestem Vermögen zu verhindern. Hier seien noch viele Stellschrauben offen, um die Störanfälligkeit nach unten zu bringen. Ferner habe auch der Bundesrat der Frequenzbereichszuweisungs-Planverordnung zugestimmt. Nicht zuletzt seien Sorgen unbegründet, dass die digitale Dividende nicht zum Breitbandausbau in der Fläche verwendet werde. Es sei klar geregelt, dass erst Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern zu 90 Prozent mit schnellen mobilen Internetanbindungen versorgt werden müssten, bevor man das lukrativere Geschäft in den Ballungsgebieten angehen könne. (pmz)