Drei Fragen und Antworten: Die Behördensoftware openDesk kommt

Um digital souveräner zu werden, finanziert der Bund die quelloffene Teams-Alternative openDesk. Der Launch einer Business-Version steht kurz bevor.

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(Bild: Midjourney, Collage: iX)

Lesezeit: 5 Min.

Die von der Bundesregierung finanzierte, quelloffene Microsoft-365-Alternative openDesk geht Mitte Oktober mit einer Business-Version 1.0 an die Öffentlichkeit. Geboren ist das Projekt aus dem politischen Willen, die Hersteller-Abhängigkeiten deutscher Behörden zu verringern, das Schlagwort lautet "Digitale Souveränität". Insbesondere die Abhängigkeit von ausländischen Tech-Riesen wie Microsoft ist Datenschützern dabei schon lange ein Dorn im Auge.

openDesk bündelt dabei bewährte Opensource-Komponenten wie Nextcloud und Open-Xchange, um deutsche Behörden mit einem transparenten Gegenentwurf zu MS 365 auszurüsten. In einer einheitlichen Oberfläche bietet die Software bereits Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Tools für Chats und Videokonferenzen, Cloud-Speicher, sowie E-Mail-, Kontakt- und Kalender-Funktionen. Den Support der Self-Hosting-Variante soll der IT-Dienstleister B1 Systems stemmen, die ebenfalls angekündigte SaaS-Version betreut der deutsche Cloud-Provider STACKIT. Den Zuschlag für das Projekt erhielten beide Unternehmen vom ZenDiS ("Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung").

Heise berichtete bereits vergangene Woche über den angekündigten Launch und Details des Projekts. Im Interview erläutert der ZenDiS-Leiter der Produktentwicklung Alexander Smolianitski, wie openDesk mit der Office-Suite von Microsoft mithalten soll.

Im Interview: Alexander Smolianitski

(Bild: 

ZenDiS

)

Alexander Smolianitski leitet seit März 2024 die Produkt-Entwicklung im ZenDiS. Sein beruflicher Werdegang führte über die PR-Agentur K12 über ein Tech-Startup zum Amt des Chief Digital Officer (CDO) in der Landeshauptstadt Düsseldorf.​

Herr Smolianitski, openDesk tritt selbstbewusst als eine Teams-Alternative auf, die mit beiden Beinen auf einem Boden aus Quelloffenheit und Datenschutz steht. Welche Signale erhalten Sie denn aus der Privatwirtschaft, jetzt, wo eine Business-Version kurz vor der Veröffentlichung steht? Bemerken Sie einen Willen, von Microsoft abzurücken?

Tatsächlich erreichen uns neben Anfragen aus der Verwaltung zunehmend auch Anfragen aus der Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft. Das reicht von Vereinen über KMUs bis hin zu größeren Unternehmen und Konzernen. An vielen Stellen ist zu spüren, dass es ein echtes Bedürfnis nach mehr digitaler Souveränität gibt, auch wenn das Zielbild durchaus variiert. Den einen geht es um mehr Kontrolle und einen Ausweg aus Vendor-Lock-ins und steigenden Lizenzkosten, andere wünschen sich mehr Datenschutz oder IT-Sicherheit. Fakt ist, dass eine sichere Version für das Herzstück des digitalen Arbeitsalltags enorm gefragt ist – und das übrigens weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.

Als Projekt des Bundes soll openDesk die Office-Suite für die Verwaltung werden. Welche Bundesländer haben denn bereits erklärt, die Suite einsetzen zu wollen? Welche Gründe begegnen Ihnen, aus denen man den Einsatz in der Landes- und Kommunalverwaltung noch nicht ins Auge fassen möchte?

Obwohl der offizielle Launch noch bevorsteht, ist openDesk bereits in sechs Bundesländern im Pilotbetrieb. Sie werden den Einsatz zu gegebener Zeit ankündigen. Die meisten von ihnen nutzen openDesk jedoch nicht als reinen „Office-Ersatz“, sondern vielmehr als Kollaborationstool. Sie haben so erstmals überhaupt die Möglichkeit, mit modernen Methoden digital zusammenzuarbeiten – zum Beispiel gemeinsam Vorlagen zu erstellen oder Projekte effizient zu managen. openDesk bietet ihnen also nicht nur ein Mehr an digitaler Souveränität, sondern schließt eine Lücke, auf die es bisher keine richtige Antwort gab.

Die Kommunen haben andere Herausforderungen. Je näher man den Kolleg:innen im Bürgerbüro kommt, umso höher ist die Anzahl sogenannter Fachverfahren. Damit openDesk hier als vollwertige Alternative für den PC-Arbeitsplatz zum Einsatz kommen kann, ist die Anbindung an diese Fachverfahren notwendig. Da sind wir Stand heute noch nicht.

openDesk setzt auf einen Zusammenschluss vieler etablierter Open-Source-Komponenten. Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Entwicklung und in welche Richtung soll die Entwicklung mittelfristig gehen?

openDesk soll mehr sein als „nur“ eine souveräne Alternative zu bekannten Arbeitsplatzlösungen. Unsere Office & Collaboration Suite soll den Arbeitsalltag unserer Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung einfacher, moderner und effizienter machen. Eine der wichtigsten Aufgaben in den letzten Monaten bestand daher darin, die einzelnen, jeweils auf ihrem Gebiet sehr starken, Komponenten so miteinander zu integrieren, dass sie nahtlos zusammenspielen und eine einheitliche, gute User Experience bieten – also faktisch für die Nutzenden zu einem einzigen Produkt verschmelzen. Die Erfahrungen aus dem Pilotbetrieb spielten dabei eine zentrale Rolle.

Nach vorne blickend, rücken zusätzliche Funktionalitäten in den Vordergrund. Gemeinsam mit den Nutzenden aus der Verwaltung werden wir die Roadmap gestalten und openDesk weiter entlang der tatsächlichen Bedarfe und Use Cases optimieren.

Herr Smolianitski, vielen Dank für ihre Antworten!

In der Roadmap finden sich dabei unter anderem der Einsatz in mobilen Apps sowie der Anschluss an ein Grafana Dashboard, die Zeiträume erstrecken sich dabei übersichtlich auf den Anfang des Jahres 2025. Interessierte haben kurzfristig die Möglichkeit, am Community Call der Plattform OpenCoDE am 8. Oktober 2024 teilzunehmen. Sie ist maßgeblich für die Entwicklung unter dem Dach des ZenDiS verantwortlich und besteht aus engagierten Entwicklern und Entwicklerinnen, die die digitale Souveränität des Bundes vorantreiben wollen – trotz Haushaltskürzungen für den Bereich.

(kki)